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Hendrik M. (Absurd) im Gespräch mit der Redaktion von "Velesova Sloboda"


Satanist, Krimineller, Heide, Schwarzmetaller, Nationalsozialist – diese medial verbreiteten Bezeichnungen machten Hendrik M. (Absurd) zu einem der am meisten verfemten und umstrittenen Künstler in Deutschland und zum Enfant terrible der Black-Metal-Szene. Man mag über die Vita des Pioniers streiten, eines ist ihm jedoch nicht abzusprechen: profunde Sachkenntnis über diese Musikbewegung mit ihrer kaum noch zu überschauenden Anzahl von Gruppen und Veröffentlichungen.

Nun sind viele Jahre ins Land gegangen und es ist etwas ruhiger um den Thüringer geworden. Mit diversen Projekten hat Hendrik M. sich nunmehr zurückgemeldet und es wird deutlich, daß er auch zukünftig beim Kampf um die Deutungshoheit im Black Metal ein gehöriges Wort mitreden wird.

Die Velesova-Sloboda-Redaktion hat Hendrik M. aufgespürt und ihn um ein Gespräch gebeten. Dieses soll sich in erster Linie um die Zukunft drehen, auch wenn Fragen zur bewegten Vergangenheit des Thüringers natürlich nicht ausbleiben können.

Hendrik M.: bewegte JugendtageHendrik M.: bewegte Jugendtage

Hendrik M.: Aufnahmen aus bewegten Jugendtagen

Hendrik, wie geht es Dir? Was machst Du zurzeit? Welche Pläne hast Du für die Zukunft?

Mir geht es ganz gut, danke der Nachfrage. Sowohl privat als auch beruflich kann ich mich nicht beklagen. Seit meiner Haftentlassung bin ich mit diversen Projekten beschäftigt; die alle mehr oder weniger da anknüpfen, wo ich vor mehr als acht Jahren gezwungenermaßen aufhören mußte. Aufgrund meiner faustischen Disposition ist es mir eigentlich unmöglich, mich an vorherrschende Verhältnisse anzupassen – stattdessen setze ich alles daran, diese Verhältnisse mir anzupassen. Demzufolge entspricht es ganz meinem Charakter, daß ich mir nach meiner Rückkehr nicht etwa einen Platz, der mir gnädigerweise von anderen Leuten eingeräumt wird, suchen werde. Nein – ich schaffe mir den Platz, welcher mir meiner Meinung nach zustehen muß! Damit mache ich mir natürlich nicht nur Freunde. Aber wer an meiner Seite steht, der wird Zeuge bei der Erschaffung eines Mikrokosmos. Diese Teilhabe sollte man durchaus wertschätzen, meine ich… Wie dem auch sei, meine Zukunftspläne werde ich an dieser Stelle nicht konkretisieren. Ganz allgemein gesagt: Ich möchte das Weltenrad etwas schneller drehen, damit unser geistesfinstere Zeitalter umso rascher zu Ende geht. Danach beginnt die Goldene Dämmerung. Diese werde ich jedoch mit eigenen Augen nicht sehen können, weil ich zu diesem Zeitpunkt hoffentlich in die kosmische Ewigkeit eingegangen bin.

Nach unseren Informationen hast Du engere Kontakte zu Rußland geknüpft. Welche Erfahrungen hast Du als Deutscher und Künstler in Rußland gemacht?

Ich hatte schon seit den Anfangstagen des Black Metal guten Kontakt nach Osteuropa. Erst nach Polen, später dann auch nach Rußland und in die Ukraine. Mittlerweile bin ich auch ganz privat mit Rußland verbunden. Rußland – seine Menschen, ihre Geschichte und ihre Kultur – ist faszinierend. Als Kind habe ich in der Schule viel über Rußland – bzw. die damalige Sowjetunion – erfahren, aber es war eine abstrakte und zudem tendenziöse Wissensvermittlung. Denn sie diente der Glorifizierung des Bolschewismus, der aber für die Russen eigentlich eine „artfremde“ Ideologie ist. Man kann Rußland nicht begreifen, wenn man sich mit dem Bolschewismus beschäftigt. Außerdem kam erschwerend noch der Umstand hinzu, daß man den „Großen Bruder“ nicht einfach so besuchen konnte, obwohl man doch im selben „Ostblock“ lebte. Also richtig kennengelernt habe ich Rußland erst durch meine Besuche in diesem Land, und dort durch das alltägliche Zusammenleben mit meiner Verlobten. Ich bin der festen Überzeugung, daß Rußland existentiell wichtig für Europa ist. Mir ist aufgefallen, daß die dynamischsten Epochen – sowohl in sozialer, kultureller, und spiritueller Hinsicht – in der europäischen Geschichte immer mit der „Eroberung der Neuen Welt“ zusammenhängen. Egal ob es nun die Kreuzzüge im Nahen Osten oder die Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents sind – immer traten Männer und Frauen mit wahrem Pioniergeist in Erscheinung, welche sozusagen aus dem Nichts heraus eine – ihre – „Neue Welt“ erschaffen haben. Der Drang, Wunsch und Wille zur Um- und Neugestaltung der Welt – dabei gleichbedeutend mit der Realität, in die man hineingeboren wird – ist so „typisch“ für die Indoeuropäer, daß es sich definitiv nur fatal auswirken kann, wenn sie sich solchen Herausforderungen nicht stellen wollen oder können. Rußland ist eine derartige Herausforderung. Das Land ist riesig, dünn besiedelt, und infrastrukturell unterentwickelt. Das sind genau die Voraussetzungen, welche zur Verwirklichung von ehrgeizigen Plänen und Zielen gebraucht werden. Anstatt erschlafft und dekadent dahinzusiechen, könnte Europa sich erneut verjüngen und verwirklichen, indem es diese Herausforderung annimmt. Im Gegensatz zur Vergangenheit muß man dafür zukünftig auch nicht mehr in den Kriegszustand mit dem östlichen Riesenreich eintreten. Die Russen, welche in ihrer Mehrzahl bescheidene, gebildete und sympathische Menschen sind, würden sicherlich sehr gerne mit Europa zusammenarbeiten. Denn die Alternative wird die stückweise Aufgabe des Landes an die Chinesen und Turkvölker sein, was aber niemand in Rußland ernsthaft wünscht und befürwortet!

Wie steht es um die Black-Metal-Szene in Rußland? Sie soll ziemlich groß sein und sich wesentlich freier entfalten können als in Deutschland. Stimmt das? Welche Bands findest Du musikalisch und künstlerisch interessant?

Ich bezweifle, daß die russische Black-Metal-Szene wirklich so groß ist – in Relation zur Landesgröße, jedenfalls. Auch dort kennt jeder jeden, sozusagen. Aber im Unterschied zur Szene in anderen fernen Ländern, welche lediglich ein Ab- bzw. Zerrbild der zentral- und nordeuropäischen B.-M.-Szene darstellt, ist es den meisten russischen Bands gelungen, ihre ganz eigene Identität zu entwickeln und zu entfalten. Besonders hervorheben möchte ich die sog. „Blaze Birth Hall“-Bands, also z. B. FOREST, NITBERG, BRANIKALD. Sie haben ihren eigenen Stil, und verfolgen zudem ein interessantes Konzept. Außerdem sind noch TEMNOZOR  und WALKNUT sehr zu empfehlen! Wer sich näher mit dem russischen Black Metal beschäftigen möchte, der sollte sich an die Paganfront wenden. In dieses Netzwerk sind einige herausragende Künstler aus der russischen Black- und Pagan-Metal-Szene integriert.

Hast Du noch Kontakte zu Musikern und Bands aus den Frühtagen des Black Metal, insbesondere nach Skandinavien?

Ja, ich stehe mit einigen Musikern/Bands aus Skandinavien in Kontakt. Darunter sind auch Veteranen der Black-Metal-Szene. Allerdings interessiere ich mich, bis auf wenige Ausnahmen, nicht mehr so sehr für den aktuellen Black Metal aus dieser Region. Der Schleier des Geheimnisvollen und Bedrohlichen, welcher diese Szene am Anfang der 1990er verborgen hielt, ist mittlerweile verflogen und hat ganz banale Bands zurückgelassen.

Wenn man über die Geschichte des Black Metal spricht, muß man irgendwann Varg Vikernes und seine Band Burzum nennen, deren Heimseite übrigens von russischen Black Metal Fans betrieben und gewartet wird. Zeitungsmeldungen zufolge soll er sich nach der Haftentlassung ins Privatleben zurückziehen wollen. Glaubst Du daß ungemein produktive Künstler wie Vikernes dies tatsächlich „durchhalten“? Wie sieht es mit Dir aus? Auf www.hordeabsurd.com ist auch von einer Beendigung jeder künstlerischer Tätigkeit die Rede. Ist dieser Beschluß endgültig?

Soweit ich weiß, wird die Netzseite von Varg nicht von einem Russen, sondern von einem dubiosen Georgier bearbeitet. Wie dem auch sei, Varg hat wohl seine Vorliebe für die Russen entdeckt, nachdem er in der Vergangenheit doch sehr germanophil veranlagt war. ;) Jedenfalls wünsche ich ihm, daß er nun endlich aus der Haft entlassen wird. Ich glaube, er ist der Gefangene in Norwegen, welcher bisher am längsten hinter Gittern einsitzen muß. Denn üblicherweise sind die skandinavischen Länder sehr liberal bei der Vollstreckung/Aussetzung von Freiheitsstrafen. Daß Varg sich auf seinen Bauernhof zurückziehen und einfach nur Familienvater sein will, glaube ich durchaus. Er hat eine große Enttäuschung mit dem Scheitern der Allgermanischen Heidnischen Front erlebt; keines der ehrgeizigen Ziele konnte erreicht werden, obwohl gerade Varg sich immer ohne Rücksicht auf seine Situation dafür eingesetzt hat. Denn es versteht sich von selbst, daß dieser Aktivismus keine positiven Auswirkungen auf Entscheidungen über seine vorzeitige Haftentlassung haben konnte. Dennoch möchte ich annehmen, daß Varg als Musiker und Schriftsteller weiterhin tätig sein wird. Auch er ist ein faustischer Charakter, und für den endgültigen Ruhestand ist er definitiv zu jung. Was nun Absurd anbetrifft, so bin ich nicht in der Lage, über die Stellungnahme auf der offiziellen Netzseite hinaus einen Kommentar abzugeben. Diese Stellungnahme sagt eigentlich auch alles aus. Seit mehr als acht Jahren bin ich auch kein aktiver Musiker mehr, und an Absurd allenfalls noch lyrisch wie konzeptionell beteiligt. Die aktuell verantwortlichen Musiker von Absurd müssen entscheiden, ob und wie es mit der Band eines Tages weitergehen soll.

Obwohl ich viele Black Metal Anhänger kenne und die Musik insgesamt sehr schätze, habe ich mich nie der Szene zugehörig gefühlt und mir eine Art Außensicht bewahrt. Für mich war Black Metal, trotz vieler Unzulänglichkeiten und Schwächen, allein schon deshalb interessant, weil er sich als repulsive, unkontrollierbar scheinende und als die Medien verstörende Bewegung vehement gegen den herrschenden Zeitgeist sträubte. Zudem wurde er von einer sehr aktiven Jugendszene getragen, die zur inhaltlichen Gestaltung auf Mythen, Ideen und Kulturmuster zurückgriff, die viele Gutmenschen mit Unbehagen und Angst erfüllte: Satanismus, Esoterik, Okkultismus, völkisches Heidentum und germanische Mythologie. Ich erinnere hier an den Artikel von Kadmon in der Zeitschrift AORTA („Oskorei“), der den Zusammenhang zwischen Black Metal und der „Wilden Jagd“, dem Treiben im ekstatischen Totenkult um den Gott Wodan herstellte. Stimmst Du dieser Einschätzung (noch) zu oder ist Black Metal mittlerweile eine Szene bzw. Subkultur wie andere auch? Welches Bild hast Du vom Black Metal im Jahr 2008? Hat sich Dein Bild grundlegend gewandelt? Wenn ja, wie? Was bewertest Du momentan positiv bzw. negativ?

Nun, man kann die Entwicklung des Black Metal durchaus in mehrere Phasen unterteilen, und in jeden dieser Zeitabschnitte gab es ganz spezifische Charakteristika, welche die Musik und die Szene ausgezeichnet haben. „Meine“ Szene war jene im Zeitraum 1991 – 1999; mit der gegenwärtigen Szene kann ich mich nicht identifizieren. Von daher bin ich so etwas wie ein lebendiges Fossil aus einer vergangenen Epoche, welches auf die Szene im Jahr 2008 wie ein störender Fremdkörper wirken muß – was ich auch beabsichtige. Jedenfalls war der Black Metal zu „meiner“ Zeit noch etwas ganz und gar Faszinierendes – ein kultureller Atavismus, der eine Gegenrealität zumindest in Wort, Bild, und Musik angedeutet hat. Denn für das Verwirklichen dieser Gegenrealität fehlten effektiv die Mittel und Möglichkeiten, auch wenn meine damaligen Freunde und ich das nicht wahrhaben wollten. Wir stellten uns allen Ernstes manchmal vor, daß wir nach Norwegen gehen und dort gemeinsam mit anderen B.-M.-Aktivisten in einem einsamen Dorf ein Leben wie die Barbaren führen könnten. Ich bin der festen Überzeugung, daß in dieser frühen Phase des Black Metal die Archetypen des kollektiven Unbewußten wieder zum Vorschein gekommen sind. Hört man sich die Musik an, liest man sich die Texte und Interviews durch, und vergegenwärtigt man sich das Verhalten der Szene-Protagonisten, dann muß man doch feststellen, daß sich hier eine Macht offenbart hat, welche durchaus religiöse Qualität hat. Man hat es mit einem Zustand der ekstatischen Besessenheit zu tun. Dadurch wird auch nachvollziehbar, warum viele dieser Protagonisten heute nicht erklären können, was damals mit ihnen – und durch sie – geschehen ist. Sie tun es als „jugendlichen Leichtsinn“ ab, doch kann bspw. das Niederbrennen von Kirchen wirklich mit einem Überschuß an Hormonen erklärt werden? Ich habe mich mehrfach, in Interviews und Essays (z.B. „Die Wiederkehr uralter Mythen“ in RockNord 1999, „Is Black Metal a White Noise?!“ in Resistance 1999, oder in „National Socialist Black Metal“ 2001) mit diesem Phänomen beschäftigt und meinen Standpunkt dargelegt. Dem kann ich auch heute nichts hinzufügen. Abschließend möchte ich noch anmerken, daß sich die Black-Metal-Szene in ihrer gegenwärtigen Phase kaum von anderen „Jugendkulturen“ unterscheidet. Da ich aber kein Jugendlicher mehr bin, ist meine aktuelle Affinität zu dieser Szene denkbar schwach ausgeprägt. Black Metal interessiert mich eigentlich nur noch als Kunstform, und dabei auch als Medium. Sozusagen habe ich meine Faszination für den Black Metal erfolgreich transzendiert.

Nenne fünf Werke des Black Metal, die ein Einsteiger unbedingt gehört haben muß.

· Burzum „Filosofem“

· Ulver „Nattens Madrigal“

· Emperor/Enslaved „Hordanes Land“-Split

· Darkthrone „Transilvanian Hunger“

· Graveland „Thousand Swords“

[Anmerkung der VS-Redaktion: Nichts von Mayhem!?]

Unsere Redaktion in Moskau will in Zukunft größeres Augenmerk auf die Musikströmungen Black Metal und Neofolk legen und damit ihr kulturelles Angebot erweitern. Trotz höchst unterschiedlicher künstlerischer Ansätze und einer Vielfalt von Stilen und Aussagen, glauben wir, daß beide Strömungen, so verschieden sie auch künstlerisch sein mögen, ein kulturelles Gegengewicht zum Kulturmüll bieten, der über das Fernsehen verbreitet wird, gerade weil sie Kulturmuster, Ideen, Personen und Werke des anderen, des alten und identitären Europas aufgreifen. Neofolk dürfte wohl die einzige Musikrichtung sein, die sich eher über die Inhalte als die eigentliche Musiktechnik definiert. Sind dieser Anspruch bzw. die damit verknüpften Hoffnungen zu groß? Wie schätzt Du das „kulturpolitische“ Potential beider Musikströmungen ein?

Meine Erfahrung lehrt mich Zurückhaltung, ohne gleich in Defätismus verfallen zu wollen. Vor zehn Jahren hatte ich ebenfalls die Vision, daß man diverse, ideologisch durchaus komplementäre Jugendkulturen wie Black Metal, RAC, NeoFolk, etc., zu einer umfassenden Jugendbewegung, welche wiederum das Reservoir an zukünftigen politischen Aktivisten darstellt, verschmelzen könnte. In der Tat gab es, auch durch meinen Aktivismus vorangetrieben, eine Annäherung zwischen den einzelnen Szenen. Allerdings erweist sich die Einbettung der Musiker und ihrer Fans in eine Jugend- bzw. Subkultur als ein fatales Hindernis für diese erstrebenswerte Fraternisierung. Denn jede Subkultur verfügt über eine Eigendynamik, welche immer auf die Exklusivität und Abgrenzung der Szene abzielt. Das fängt mit der Kleiderordnung und den bevorzugten Frisuren an, geht über Sprachcodes und Verhaltensweisen, und hört auch bei den Musikstilen nicht auf. Die „Wurzel allen Übels“ besteht ohne Zweifel in der Funktion von Subkulturen als Katalysator von jugendlicher Rebellion und Nonkonformität. Nachdem Jugendliche sich einer bestimmten Subkultur einmal angeschlossen haben, durchlaufen sie dort eine mehr oder weniger lange Phase der Selbstfindung und -verwirklichung, an deren Ende die Mehrzahl in ein bürgerliches Dasein entlassen wird. Deshalb wird es meines Erachtens unmöglich sein, diese Jugendlichen auf eine lebenslange Revolte gegen die (post)moderne Welt einzustimmen. Was ebenfalls kontraproduktiv wirkt, ist der fatale – in diesem Kontext allerdings nachvollziehbare – Drang zum Auffallen um jeden Preis, welcher den Subkulturen immanent ist. Zum Beispiel wird ein Jugendlicher in der RAC-Szene immer darum bemüht sein, seine – tatsächliche oder eingebildete – Einstellung mit der Verwendung von Symbolen und Grußformeln, welche in der BRD strafbar sind, unter Beweis stellen zu wollen. Dadurch fällt er den Strafverfolgungsbehörden und dem Inlandsgeheimdienst irgendwann auf, er wird aktenkundig und kann in Zukunft in keine gesellschaftliche Position gelangen, wo er diese politische Einstellung tatsächlich in die Tat umsetzen könnte. Viel besser wäre es doch, wenn Jugendliche gar nicht erst in eine Subkultur eingebunden sind, weil man ihre Selbstfindung auch ganz ohne eine bestimmte „Szenezugehörigkeit“ anleiten und fördern kann. Zugleich kann man sie vor den autodestruktiven Begleiterscheinungen (Rauschmittelkonsum, Kleinkriminalität, u.ä.) einer Subkultur bewahren, was für ihre Erziehung zu selbstbewußten, stolzen und aufrechten Männern und Frauen nur zuträglich sein wird. Als solche werden sie „in die Gesellschaft entlassen“, ohne jedoch ein Teil von ihr zu sein. Stattdessen ist zu erwarten, daß sie die von ihnen zutiefst verhaßte Welt aus den Angeln heben werden – und dazu auch in der Lage sind! Jeder nationalistischen Gruppierung, die Jugendarbeit betreiben will, kann ich nur empfehlen, die Jugendlichen aus einer Subkultur herauszulösen bzw. ihnen eine attraktive Alternative anzubieten. Es mag zwar der einfache Weg sein, wenn man Jugendliche rekrutieren will, die bereits durch eine Subkultur ideologisch „vorgeprägt“ sind. Allerdings sind die langfristigen Nachteile meines Erachtens so gravierend, daß dieser anfängliche Vorteil nicht wirklich von Bedeutung ist.

Bist Du überhaupt noch politisch interessiert? Welche Themen, Ereignisse, Schriften und Werke beschäftigen Dich zurzeit?

Ich bin natürlich politisch, kulturell und spirituell sehr interessiert. Ich betrachte die Ereignisse in der Welt mit wachen Augen und klaren Verstand; ich will den Dingen auf den Grund gehen, sie verstehen und begreifen. Zur Zeit befasse ich mich mit dem imperialen Niedergang der USA und dem Streben von China zur Weltmacht, und globalen Begleiterscheinungen dieses Paradigmenwechsels. Wenn man bedenkt, daß China bereits das Potential zur Weltmacht hatte als Europa noch im finsteren Mittelalter gefangen war, und es nur der Entscheidung des Kaisers Zhengtong, die Flotte stillzulegen, zu verdanken ist, daß China nicht lange vor Spanien, Portugal, und Großbritannien zur maritimen Kolonialmacht wurde, dann kann man sicherlich die zukünftigen Ereignisse erahnen, sollte das Reich der Mitte sich endlich zum Nabel der Welt machen wollen. Das hat auch mit scheinbar trivialen Entwicklungen, zum Beispiel der Verbreitung des Automobils in China, zu tun. Kann man sich überhaupt vor Augen führen, welch ein enormer Rohstoffverbrauch – einhergehend mit gravierender Umweltverschmutzung – die Konsequenz der Verwirklichung des Wunsches von bürgerlichen Chinesen, einen PKW besitzen zu wollen, sein wird? Aber auch andere Konsequenzen sind unübersehbar. In Asien besitzt die „Shoah“ keinen Stellenwert. Gerade in China, welches bspw. durch die „Kulturrevolution“ massive Verluste an Menschenleben zu beklagen hatte, wird man von der „Singularität des Holocaust“ keinesfalls zu überzeugen sein. Dadurch büßt die „Shoah“, und die mit ihr verbundene „Schuld- und Sühnepolitik“, ganz erheblich an Relevanz ein. Es ist ja allgemein bekannt, daß Israel auf die Militär- und Finanzhilfe aus den USA angewiesen ist, um sich gegenüber den arabischen Nachbarstaaten behaupten zu können. Jene Hilfe wird ja als „moralische Verpflichtung“ gegenüber Israel dargestellt. Kaum vorstellbar, daß China sich in eine ähnliche „moralische Verpflichtung“ nehmen läßt. Wie dem auch sei, ich mache mir Gedanken um solche Themen – denn mein geistiger Horizont endet nicht an Landesgrenzen und beschränkt sich auch nicht auf Vergangenheit oder Gegenwart.

Nun steht es mit unserer Kultur nicht zum Besten. Ohne in panische Kulturangst zu verfallen, sprechen der Rückgang der Geburtenrate, Verblödung und Verweichlichung der Jugend durch unablässigen Medienkonsum, Verlust nationaler Identität und Wissen um die eigene Kultur und Geschichte, Naturabgewandtheit und die Atomisierung der Gesellschaft in um Vorteil kämpfende Interessengruppen gegen ihr Weiterleben. Manche Rechte wie der französische Philosoph Frank Lisson [Frank Lisson: Homo absolutus. Nach den Kulturen, Schnellroda, 2008] haben resignierend und aufmunternd zugleich darauf hingewiesen, daß die Volkskulturen, die wir zu bewahren trachteten längst dem Untergang geweiht seien und auch von den größten Idealisten nicht gerettet werden könnten. Er schlägt deshalb sinngemäß vor, Netzwerke Gleichgesinnter zu bilden, die „nach den Kulturen“ einen traditionalen Lebensstil pflegen, der eine „Nebenkultur“ der Wenigen begründet, die sich bewußt als Hüter des kulturellen Erbes abseits der Masse verstehen und ihre Energie darauf verwenden, nach innen zu wirken anstatt die verlorene Masse „bekehren“ zu wollen. Was hältst Du von diesem Denkansatz? 

Dem stimme ich zu. Ich bin zutiefst überzeugt von der Wirklichkeit eines zyklischen Weltenlaufs. Was wir als „Fortschritt“ präsentiert bekommen ist doch nichts anderes als ein schwacher Widerhall von den Errungenschaften unserer Vorfahren im Goldenen Zeitalter. Es gibt keine Evolution, nur einen stetigen Niedergang. Damit meine ich vor allem die immaterielle, die spirituelle Welt. Alle Erkenntnisse, die auch ich im Laufe meines Lebens gemacht habe, sind nicht etwa originell. Sie wurden von Philosophen in der Vergangenheit bereits formuliert, sind dann vielleicht in Vergessenheit geraten, und durch mich und andere Gleichgesinnte allenfalls wiederentdeckt worden. Die Vernichtung von Wissen und Weisheit seit dem Goldenen Zeitalter ist sicherlich unermeßlich; eben weil uns gar nicht bewußt sein kann, über welchen Wissensschatz unsere Ahnen damals verfügten. Da der Ablauf der Äonen nicht umkehrbar ist, allenfalls verlangsamt oder beschleunigt werden kann, ist meines Erachtens jede Utopie, die nicht den vollständigen Zusammenbruch unserer Zivilisation zur Voraussetzung hat, zum Scheitern verurteilt. Das Großdeutsche Reich, welches ich als den letzten, grandiosen Entwurf einer Gegenrealität betrachte, ist nicht deshalb besiegt worden, weil es etwa an militärischer Schlagkraft oder politischen Willen zum Endsieg gefehlt hätte. Nein, es mußte scheitern, weil es im Grunde genommen nicht von dieser Welt war. Nur ein kollektiver Kraftakt hat es überhaupt erst in dieser Welt des Kali Yuga manifestieren lassen, aber bereits da war schon offensichtlich, daß es nur umso gründlicher vom Weltenrad zermalmt wird, je stärker es dessen Lauf aufhalten will. Ich bedauere das zutiefst. Von jeder Vision eines Neuen Zeitalters, die im Kali Yuga aufblühen will und von dessen destruktiven Kräften schlußendlich entweiht, geschändet und vernichtet wird, bin ich emotional sehr berührt. Deshalb sind meine Helden auch jene tragischen Lichtgestalten, die einen frühen und furchtbaren Tod sterben – ohne der Verwirklichung ihrer Vision auch nur nahegekommen zu sein. Ich verstehe vollkommen, daß man als Sonnenmensch nicht im Kali Yuga aufwachsen und leben kann, ohne Abscheu zu empfinden und gegen das offensichtliche Unheil aufzubegehren. Es erfordert schon einiges an Lebenserfahrung, Selbster- und Menschenkenntnis, um endlich einzusehen, daß man gegen Kali Yuga nicht ankämpfen kann. Man sollte seine Energie darauf konzentrieren, einerseits den Untergang zu beschleunigen und andererseits „zu retten, was zu retten ist“. Ich halte es für eine plausible Option, wenn man ein soziales Netzwerk aus Gleichgesinnten knüpft und bspw. gemeinsam einen Ort fernab unserer Zivilisation aufsucht, wo man im Einklang mit der Natur leben und das Wissen, die Weisheit und die Werte unserer Ahnen erfolgreich bewahren kann. Das meine ich im Übrigen auch mit den Möglichkeiten, die sich in Rußland eröffnen. Wenn es keinen elektrischen Strom mehr gibt, werden auch die Computer nicht länger funktionieren – und das angebliche „Weltarchiv“ des „Internet“ existiert nicht mehr. Wissen kann nur durch Bücher und Erzählungen effektiv vermittelt werden. Wenn das Kali Yuga zu Ende geht, dann geschieht das mit weltweiten Krieg, Chaos, Anarchie. Kein Stein bleibt auf dem anderen, und das ist auch gut so. Denn wie gesagt, was es an unserer Zivilisation an Bewahrenswerten gibt, das läßt sich auch zwischen zwei Buchdeckel einfügen. Darauf aufbauend wird jene Generation von Erleuchteten, die ins Goldene Zeitalter zurückkehren, eine neue Zivilisation gründen. Alles Weitere ergibt sich aus dem faustischen Charakter des Indoeuropäers… 

Rad des Sonnentempels von Konarak

„Nur ein kollektiver Kraftakt hat es überhaupt erst in dieser Welt
des Kali Yuga manifestieren lassen, aber bereits da war schon offensichtlich,
daß es nur umso gründlicher vom Weltenrad zermalmt wird, je stärker es
dessen Lauf aufhalten will.“

Rad des Sonnentempels von Konarak (Indien), 13. Jahrhundert

Hast Du noch Kontakte in Deine Heimat Thüringen?

Natürlich. Dort bin ich auf die Welt gekommen und aufgewachsen, deshalb werde ich immer eine ganz spezielle Bindung an das „Grüne Herz“ von Deutschland haben und behalten.

Mit diversen Projekten, darunter ein Label und einen Versandhandel, hast Du Dich wieder in der Szene bemerkbar gemacht. Nun gibt es Versände und Label mittlerweile wie Sand am Meer. Wie sollen sich Deine Projekte von den anderen abheben? Welche Ziele verfolgst Du? Erhebst Du einen übergeordneten Anspruch?

Wie heißt es doch im Volksmund? „Schuster, bleib bei Deinen Leisten!“. Mit anderen Worten, ich mache einfach das, was ich „gelernt“ habe und was ich am besten kann. Dieser Entschluß war naheliegend, da mir ein „normales“ Berufsleben in der BRD sicherlich kaum möglich wäre – und für mich auch nicht vorstellbar ist, da ich keine festen Arbeitszeiten haben will. Ich arbeite viel und gerne, aber eben nur nach meinen eigenen Vorstellungen. Wie dem auch sei, natürlich habe ich bei meiner Arbeit den Anspruch, es besser zu machen als in der Vergangenheit und besser zu sein als die Konkurrenz. Ich bin eben Perfektionist. Die Strategie, welche ich mit alledem verfolge, will ich hier nicht offenlegen. Allerdings versteht es sich bei meiner Vita von selbst, daß ich nichts zum reinen Selbstzweck mache. Ich strebe eine Position der geschäftlichen Autarkie an, um davon ausgehend meine Ideen umso effektiver verwirklichen zu können.

Einige Deiner Projekte sind in ein Netzwerk eingebunden, in dessen Zentrum – soweit ich es überblicken kann – die Gruppierung „Paganfront“ steht. Was hat es mit dieser auf sich?

Die Paganfront ist ein internationales Netzwerk von gleichgesinnten Musiker, Musikproduzenten, Musikjournalisten und Musikveranstaltern. Dabei geht es natürlich um Black- und Pagan Metal. Man unterstützt sich gegenseitig und arbeitet gemeinsam an der Propagierung der eigenen Weltanschauung innerhalb der Black- und Pagan-Metal-Szene. Bei dieser Weltanschauung handelt es sich um ein völkisches Heidentum, basierend auf den Prinzipien von Blut (Abstammung) und Boden (Herkunft). Ich messe der Musik eine große Bedeutung bei der Vermittlung von Ideen und Idealen bei. Sie ist sozusagen der Weckruf an unsere Jugend im Kali Yuga. Diese Musik wird ja zumeist von jungen Männern gemacht, und sie ist beseelt von Schmerz, Wut, Hass, und Trauer; zugleich beschwört sie aber auch Visionen von Schönheit, Ewigkeit, Größe und Macht. Man kann wohl sagen, die Musik der Paganfront ist eine Reflektion jener Gedanken und Gefühle, welche sich zwangsläufig einstellen, wird man sich der Gefangenschaft im Kali Yuga bewußt. Viele junge Menschen werden erst durch die Paganfront darauf aufmerksam, daß es im Black- und Pagan Metal nicht originär und primär um „Entertainment“ geht bzw. gehen sollte. Sie stellen fest, es gibt auch noch mehr als die „Szene“. Im besten Fall werden sie zum Nachdenken gebracht und zum Handeln angeregt.

In einem lang zurückliegenden Gespräch hast Du mal geäußert: „Ich bin ein deutscher Romantiker!“ und hast damit auf die Epoche der Romantik im 18. und 19. Jahrhundert mit ihrer Wiederentdeckung der deutschen Volkskultur und Mythologie, der Kulturlandschaft und pantheistischen Vorstellungen, die im Grunde die völkische Bewegung vorbereiteten, hingewiesen. Was wolltest Du damit sagen? Würdest Du dies heute auch noch von Dir behaupten? Wie ist Deine Einstellung zum Heidentum, das in Rußland ja weiter verbreitet ist, als in Deutschland?

Natürlich bin ich ein deutscher Romantiker; ein Schwärmer und Visionär. Ich lebe in einer fiktiven Vergangenheit und in einer utopischen Zukunft. Daraus resultiert mein Weltschmerz, den schon die Romantiker der vergangenen Jahrhunderte so empfindlich verspürt haben. Heutzutage wird Romantik mit Sentimentalität verwechselt, dabei waren die originalen Romantiker ganz radikal im Denken und Handeln. Sie waren durchaus willens, fähig, und in der Lage, an den Grundpfeilern der vorherrschenden Realität zu rütteln. Der Welt, in der sie nicht leben wollten und konnten, haben sie einen radikal anderen Gegenentwurf entgegengestellt. Auf diese Weise kam es natürlich auch zum Rekurs auf heidnisches, antichristliches, okkultes, und die Natur mystifizierendes Gedankengut. Daran haben dann die völkischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts angeknüpft. Jedenfalls ist es der Entwurf einer Gegenrealität, der mich ganz besonders fasziniert – nicht nur an der deutschen Romantik. Ein anderes Beispiel ist das mittelalterliche „Täuferreich von Münster“ [Das Täuferreich entstand in der Folge von Luthers Reformation und dauerte bis Niederschlagung durch fürstbischöfliche Truppen 1535. Die Romantik als prägende deutsche Kulturbewegung, greifbar in Literatur, Kunst und Musik ist ein Phänomen des 18. und 19. Jahrhunderts. Vgl. Das Geheime Deutschland. Eine Reise zur Spiritualität der Frühromantik. Atalanta-Filmproduktionen, 2006; Regie und Buch: Rüdiger Sünner], für das ich mich interessiere. Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Irritationen im Zeitstrom; in Form von Männern und Frauen, die sich dem Lauf des Weltenrades bewußt oder unbewußt entgegenstemmten und für einen kurzen, historischen Augenblick das Fenster auf eine längst vergangene bzw. noch nicht angebrochene Ära öffneten. Ich blicke durch diese Fenster mit einem zwiespältigen Gefühl; einer Mischung aus Sehnsucht, Trauer, und Euphorie. Anstatt im Kali Yuga für meine gesamte Lebenszeit auszuharren, würde ich viel lieber in einem dieser kurzen Momente der Gegenrealität leben – und sterben. Männer wie Flavius Claudius Iulianus, der letzte heidnische Kaiser des Römischen Reiches, sind unsterbliche Helden für mich [Der Kaiser Julianus Apostata („Der Abtrünnige“) regierte von 331 bis 336 und starb während einer der größten römischen Militäroperationen gegen das persische Sassanidenreich. Seine Idee, den römischen, griechischen Kultus sowie die zahlreichen Mysterienkulte Roms wieder zu zentraler gesellschaftlichen Stellung zu verhelfen, scheiterte mit seinem frühen Tod]. Tragische Helden, wie bereits erwähnt – aber durch ihre Vision einer Gegenrealität, die natürlich scheitern mußte, wurden sie zu Legenden, die alle Zeitalter überdauern werden. Im übrigen findet man dieses Motiv auch im „Herrn der Ringe“, weshalb dieses Buch (und die Filme) ja auch so großen Anklang im europäischen Kulturkreis findet. J.R.R. Tolkien war ebenfalls überzeugt von dem zyklischen Ablauf der Zeitalter, und das alles mit einer Ära des Lichts beginnt und in einer Ära der Finsternis endet… Meine Einstellung zum Heidentum ist wohl offenkundig, denn ich lehne das Christentum – und in diesem Zusammenhang auch den Islam und das Judentum – als „artfremd“ für den Indoeuropäer ab. Das Goldene Zeitalter war eine Ära, als die Götter auf Erden wandelten. Ihnen gilt meine Loyalität und Ehrerbietung, auch wenn ich mich nicht unbedingt als religiös bezeichnen würde. Für mich sind die Götter, wie sie uns durch die heidnische Mythologie überliefert sind, identisch mit den Archetypen des kollektiven Unbewußten, von denen C.G. Jung gesprochen hat. Davon abgesehen, ist das Heidentum eine Weltanschauung mit einer deutlich ausgeprägten Ethik, welche auch im Kali Yuga als Richtschnur für Entscheidungen im Alltagsleben dienen kann und soll. Dessen ungeachtet glaube ich aber nicht an eine umfassende Renaissance des Heidentums im gegenwärtigen Zeitalter. Da, wo in Europa das Christentum verschwindet und der Atheismus keine Antworten auf Sinnfragen geben kann, kommt der Islam zum Zuge. Es fehlt dem Heidentum an zelotischen Missionaren, was aber nicht verwunderlich ist. Schließlich ist das Heidentum keine Universalreligion, und an der Bekehrung der Menschheit gar nicht interessiert.

Viele Nationale bzw. Vertreter der radikalen Rechten in Deutschland sind sehr an Rußland interessiert. Es gibt wohl kein zweites Land, das so oft als „strategischer Partner“ bezeichnet und als Gegengewicht bzw. Gegenmacht zum Amerikanismus betrachtet wird. Zudem weckt die sich in Rußland freier und kräftiger als in Deutschland entfalten könnende radikale Rechte größtes Interesse in Deutschland. Wie stehst Du zu solchen Überlegungen?

Zu dieser Frage habe ich bereits in anderen Antworten hinreichend geäußert, glaube ich. Ebenso sollte in meinen Antworten deutlich geworden sein, daß ich von den Fantastereien der „radikalen Rechten“, die von der „Machtergreifung“ und einem „Vierten Reich“ reden, nicht viel halte. Das Großdeutsche Reich war die finale Manifestation eines germanischen Imperiums vor dem Ablauf der Zeitalter; eine weitere Manifestation, egal unter welchen Umständen und in welcher Bündniskonstellation auch immer, halte ich für außerordentlich unwahrscheinlich. Selbiges trifft meines Erachtens auch auf Rußland zu, welches ebenfalls kein Imperium mehr ist und auch nie wieder sein wird. Ich sympathisiere mit allen politischen Aktivisten, die etwas anderes glauben und anstreben, aber ich möchte meinen Standpunkt deutlich machen: Die Kräfte des Kali Yuga haben den Zweiten Weltkrieg gewonnen, und eine Revanche wird es nicht geben. Seit 1945 sind 63 Jahre vergangen. Welchen politischen Erfolg kann die „radikale Rechte“ in Europa in dieser Zeit vorweisen? Von den USA will ich gar nicht erst reden, dort ist die Situation ja noch viel katastrophaler. Es gibt keinen Erfolg; und das nicht etwa, weil die politischen Programme schlecht wären oder die politischen Akteure sich dilettantisch anstellten. Das Problem ist das Zeitalter, in dem wir leben. Kali Yuga ist absolut feindlich zu allen Ideen, die in irgendeiner Weise mit dem Goldenen Zeitalter verbunden sind. Man kann sich das wohl gar nicht richtig verdeutlichen, um diese Tatsache begreifen zu können. Wenn man sich vorstellt, daß der Weltraum ein grundsätzlich lebensfeindlicher Ort ist, an dem ein Mensch ohne massive Schutzvorkehrungen sofort sterben würde, dann kann man sich vielleicht ebenso vorstellen, daß Kali Yuga ein grundsätzlich lebensfeindliches Zeitalter ist, welches jeden Anschein des Goldenen Zeitalters (Satya Yuga) korrumpiert, korrodiert und schließlich zerstört. Am Ende steht die Entropie.

Unsere Seite hat sich u.a. durch die Veröffentlichung von Eiserne Garde mit dem Leben und Werk von Corneliu Codreanu, dessen Märtyrertod sich am 30. XI. zum 70. Mal gejährt hat, auseinandergesetzt. Dieses wird gerade in der Neofolk- und Black-Metal-Szene künstlerisch aufgegriffen, unter anderem durch das Projekt Arditi (Dänemark) und die Black Metal Gruppe Sigrblot (Schweden). Was hältst Du von ihm als historischer Persönlichkeit? Wie läßt sich diese Faszination erklären? Immerhin handelt es sich bei Codreanus Bewegung um eine formal christliche, auch wenn deren tiefer liegende vorchristliche Kulturmuster zu offensichtlich sind.

Selbstverständlich bin ich mit Corneliu Zelea Codreanu und der Garda de Fier vertraut. Absurd hat bereits 1999 ein Lied zu einer Kompilation, welche zu Ehren von Codreanu veröffentlicht wurde, beigesteuert. Ich kann ihn und seine Bewegung ohne weiteres jenen heroischen Kräften, die sich dem Kali Yuga entgegenstemmten, zuordnen. Die Ideologie der Eisernen Garde mag zwar christlich anmuten, allerdings ist die Gestalt des Erzengels Michael ein sehr viel älteres und zutiefst heidnisches Motiv. Es handelt sich bei ihm um einen Kriegsgott. Woher die Faszination an der Eisernen Garde vor allem in jenen Künstlerzirkeln, die sich vom Kali Yuga radikal abwenden, rührt, dürfte nach meinen bisherigen Ausführungen zur „Gegenrealität“ doch auf der Hand liegen. Ähnliche Bewegungen wie die Eiserne Garde, welche weit über die politische Dimension hinaus aktiv waren, sind die spanische Falange oder die italienischen Futuristen. Es handelt sich bei ihnen um Gegenbewegungen zum Zeitstrom, die eine Gegenrealität entwerfen und ansatzweise auch verwirklichen. Ihr Scheitern ist diesen Bewegungen sozusagen immanent, aber gerade diese Tragik macht auch ihre historische Größe und Strahlkraft aus.

Hast Du noch ein Schlußwort an unsere deutschen und russischen Leser?

Ich bedanke mich für das sehr interessante Gespräch. Wer sich weiterhin mit meinem Denken und Handeln befassen möchte, der kann gerne auf meinem „Blog“ – www.weltenfeind.net – vorbeischauen. Den russischen und deutschen Lesern möchte ich noch mit auf den Weg geben, daß es keinen objektiven Grund für beiderseitige Ablehnung oder gar Feindschaft gibt. Wir entstammen demselben Geschlecht, und unsere jeweilige Landeskultur hat mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Es war das größte Versäumnis der deutschen Führung im Zweiten Weltkrieg, den Feldzug im Osten nicht ausschließlich und offensiv gegen den Bolschewismus zu richten. Stalin war ja noch nicht einmal Russe. Ohne jeden Zweifel hätte man ihn und die KPdSU mit Hilfe des russischen Volkes entmachten können. Wie dem auch sei, meine beiden Großväter haben an der Ostfront gekämpft. Die Familie meines Vaters wurde aus Schlesien vertrieben. Dennoch hege ich keinen Groll gegen die Menschen aus diesen Ländern. Wir alle haben einen gemeinsamen Feind, egal ob wir diesen erkennen oder ihm gegenüber ignorant sind. Gegen diesen Feind müssen wir uns mit aller Entschlossenheit zur Wehr setzen, auch wenn es ein aussichtsloser Kampf ist. Kali Yuga ist ein Zeitalter der Finsternis und Kälte. Doch wir können einen Weltbrand entfachen, heller als tausend Sonnen, der diese Dunkelheit für kommende Äonen aus unseren Seelen brennen wird. In diesem Sinne: Flamme empor!

Hendrik M. im Wassiljew-Museum, Moskau

Hendrik M. vor Gemälden des Malers
Konstantin Wassiljew. Hausmuseum,
Tscherepowetzkaja 36, Moskau, 2008

Literaturhinweise:

Michael Moynihan u. Didrik Søderlind: Lords of Chaos. The bloody rise of the satanic metal underground. Feral house publishing. Lincoln, CA. (USA) 1998.

Kadmon: Oskorei, in: AORTA XX (o.O und J.).


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