Gedichte
Lothar Stengel von Rutkowski
- Eins waren wir Menschen,
- Die Waffen tragen, –
- Aber das war! –
- Heute sind wir Getier,
- Das vom Gestern nicht weiß
- Und vom Morgen nichts will. –
- Wann werden wir wieder Menschen werden,
- Die Willen haben,
- Vom Reiche träumen
- Und Waffen schmieden
- Zu neuem Brückenschlag?
- Einst wird kommen der Tag!
Ratschlag für Neumond
- Vorsicht! Vorsicht!
- Häng’ Deinen Geist
- Nicht an Menschen!
- Gib Dein Herz, Deinen Leib
- Nicht in die Hand
- Eines anderen!
- Menschen verändern sich:
- Die Liebste liebt dich
- Plötzlich verblaßt:
- Freunde schrumpfen
- zu Karikaturen.
- Kinder wandeln sich
- zu Fremden…
Das Heidenlied
- Der Herbststurm fährt übers Stoppelfeld,
- Und weht über Acker und Brache.
- Ein neues Jahrtausend beginnt in der Welt,
- Du schlafendes Deutschland erwache!
- Der Papst hockt in Rom auf seidenem Thron,
- es hocken bei uns seine Pfaffen.
- Was hat einer deutschen Mutter Sohn
- Mit Papst und mit Pfaffen zu schaffen?
- Man hat unsre Ahnen als Ketzer verbrannt,
- der streitbaren Kirche zur Ehre.
- In Asiens Wüsten, im “heiligen Land”,
- Verbluteten deutsche Wehre.
- Rot floß die Aller von Sachsenblut,
- Die Stedinger wurden erschlagen.
- Als Ablaß wurde der Bauern Gut
- Von Mönchen ins Welschland getragen.
- Die Zeit verging – doch der Pfaffe blieb,
- Dem Volke die Seele zu rauben.
- Ob er es römisch oder lutherisch trieb,
- Er lehrte den jüdischen Glauben.
- Doch nun sind die Jahre des Kreuzes gezählt
- Und ring regt sich stürmendes Leben.
- Wir haben die Sonne zum Zeichen erwählt,
- Der Heimat die Freiheit zu geben.
- Wir brauchen zum Himmel die Mittler nicht,
- Uns leuchten ja Sonne und Sterne;
- Und Blut und Schwert und Sonnenlicht,
- Sind Kompaß in jegliche Ferne.
- Der Herbststurm fährt übers Stoppelfeld,
- Und weht über Acker und Brache.
- Ein neues Jahrtausend beginnt in der Welt,
- Du schlafendes Deutschland erwache!
Wenn wir in Staub zerfallen
- Wenn wir in Staub zerfallen
- was bleibt von uns zurück,
- von unsern Gütern allen,
- von dem erbauten Glück? –
- Die Mauern werden brechen
- und Gras wächst über Grund,
- doch sollen Enkel sprechen
- von uns mit frohem Mund.
- Wir können nichts erwerben
- in alle Ewigkeit;
- wie wir uns selbst vererben,
- das dauert durch die Zeit.
- Wenn einst in bangen Tagen
- die Enkel fragend steh’n,
- dann soll in starkem Sagen
- von uns ein Mut ausgehn!
Das Alte brach zu Stücken
- Das Alte brach zu Stücken,
- Wir blieben nach.
- Wir wollen uns nicht bücken,
- In Schmutz und Schmach.
- Es mag zum Kot sich neigen,
- Schwach, wer da will.
- Wir woll´n die Zähne zeigen,
- Und ringen still.
- Wir woll´n zur Fahne stehen,
- In strenger Pflicht.
- Wir können untergehen,
- Verkommen nicht.
- Ach Mutter, liebe Mutter, wo kommt das Brot denn her?
- Mein Junge, das wächst aus der Erde
- Zu der Ernte wogendem Meer.
- Im Frühjahr waren die Felder grün von junger Saat.
- Sonne, Wind und Regen machen es reif zur Mahd.
- Es mahlt das Korn die Mühle, daraus backt der Bäcker Brot.
- Das Schwert schützt alle Arbeit und schirmt uns vor der Not.
- Ach Vater, lieber Vater, wo kommt das Schwert denn her?
- Mein Junge, das kommt aus dem Boden.
- Von Erz sind die Steine schwer.
- Im Schacht tief unter der Erde der Bergmann gräbt und schafft.
- Die Schlacke schmilzt vom Eisen des Feuers heiße Kraft.
- Das Eisen geht zur Schmiede, der Schmied schlägt Waffen daraus.
- Die tragen dann die Männer und schirmen Volk und Haus.
- Ach Mutter, liebe Mutter, wo kommen die Männer her?
- Mein Junge, es lebt in der Heimat
- Die Sippe rings umher.
- Gewachsen aus Blut und Boden sind Mann und Frau und Kind.
- Wir alle Enkel von Ahnen und Ahnherrn von Enkeln sind.
- Der Junge wächst zum Burschen, Kampf macht den Bursch zum Mann,
- Der Weib und Herd und Glauben sich frei bewahren kann.
- Ach Vater, lieber Vater, wo kommt der Glaube her?
- Von ihm zu reden, mein Junge,
- Wird mir bitter schwer.
- Er wuchs nicht auf unserm Boden, die Ahnen kannten ihn nicht.
- Er weiß nicht vom Segen der Erde und nichts von des Schwertes Gericht.
- Er machte das Haus uns sündig und die schaffende Arbeit zum Fluch, -
- Doch – er ward uns also gelehret aus Bibel, Lied und Spruch.
- Ach Vater und liebe Mutter, nie wird die Lehre mein!
- Wie Korn und Mensch und Eisen
- Muß auch der Glaube sein.
- Die Ahnen wußten das Rechte. – Wir sind der Enkel Ahn.
- Er strömt aus Segen der Erde und des Jahres ewigem Lauf,
- Aus des Hauses wärmendem Herde und des Schwertes Klinge und Knauf.
- Gesippen und Kameraden, uns formte das gleiche Blut!
- Uns trägt die Heimaterde, und führt des Nordens Mut.
- Älter als Kirchen und Klöster ist unser Väter Land,
- Fester als Priesters Taufe bindet des Blutes Band.
- Unser Reich, ihr Brüder, ist von dieser Welt!
- Es gesund zu bauen, hat uns Gott bestellt!
Wolfgang A. Ritter, Der Lyriker Lothar Stengel von Rutkowski.
Ein Wanderer zwischen Natur und Geist, Loßburg, Edition L , 1992.
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