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Es kommt aufs gleiche hinaus


Eine kritische Antwort auf Dietrich Schulers Kreatismus

Anatoli Iwanow

Anatoli Iwanow

Ohne Zweifel, eine Überwindung der Wüstenreligionen, die zum Unglück Europas wurden, ist eine lebenswichtige Frage. Aber, um diese schicksalsschwere Aufgabe zu lösen, bedürfen wir einer echten Alternative, eines wirklichen Gegensatzes den oben erwähnten Offenbarungsfrüchten vom Baum der Unkenntnis. Jedoch, wenn man uns anstatt der ersehnten Nahrung dieselbe, nur ein wenig verdünnte Brühe verabreicht, bleibt unser Hunger ungestillt.

Nur drei Buchstaben unterscheiden den von Herrn Dietrich Schuler erfundenen „Kreatismus“ vom schon lange bekannten Kretinismus. Aber dieses „Ion“ ist kein Äon und Herr Schuler entfernt sich von den von ihm kritisierten Weltanschauungen nicht besonders weit.

Herr Schuler behauptet, daß seine Lehre kein Universalismus ist. Nichtsdestoweniger möchten wir wissen, warum „das Sein als Solches“, „das Sein an sich“ besser ist, als z.B. das „Ding an sich“? Aus dem Grunde, weil es „in uns liegt“? Aber die Worte „Gottesreich in uns“ kennen wir von alters her, von Jesus, dem Prediger einer Religion der Wüste.

„Das Sein“ ist nur ein Abstraktum. Heidegger machte aus diesem Begriff eine Grundlage seiner Philosophie. H. Pierre Chassard, ein französischer Philosoph, der in Deutschland wohnt, der konsequenteste Gegner aller Universalismen, schreibt: „Das heideggersche Sein… ist der Grund der Welt, der ursprünglichste aller Gründe“. „Die Ontologie Heideggers ist auch eine Lehre vom Nichts (…) Das Sein ist Nichts und das Nichts ist das Sein“ (P. Chassard, Heidegger. Verlag A. Thomas, Wesseling, 1993. S. 21-23, 29).

„Nein, ruft Schuler aus, alles Sein umfaßt ein notwendiges ewiges Antinichts (…) Die Welt als Antinichts ist unerschaffen, ewig und unzerstörbar“. Aber bei Heidegger besitzt dieses ontologische Nichts in seiner Nichtigkeit positive Züge, um das Sein zu sein. Das Sein entsteht aus negativem Nichts. Bei Herrn Schuler entsteht das Sein nicht, sondern existiert ewig.

Aber sogar Parmenides, auf den sich Herr Schuler beruft, teilte die Welt in zwei Urstoffe, deren Mischung die Ursache ihres Entstehens war. Kein „Eins“ also ursprünglich und auf ewig.

„Die negative Henologie, die der Mystik eines unendlichen, wie Nichts, Gottes ähnlich ist, bildet meistens ein Endschluß aller Gedanken über die Grundeinheit des „Alls“ in Form von Sein oder Eins“ (P. Chassard. Les diversités naturelles. Gesamtdeutscher Verlag, 1993. S. 7).

Das allumfassende Sein des „Kreatismus“ – noch ein von zahllosen Versuchen, die prächtige Mannigfaltigkeit des Pluriversums (keinesfalls „Universums“!) zu einem einzigen Prinzip (diesmal zum „Sein“) zu reduzieren. Das ist eine typisch jüdische Denkweise, die leider auch für die Vertreter anderer Rassen verlockend ist, wenn sie „ihr eigenes urinnerstes Wesen“ ungenügend erkennen.

Die Anhänger des Universalismus verraten sich immer mit den Wörtern „alle“ und „jeder“. „Alles Seiende ist ewig“, Das Subjektwesen kommt allem Seienden zu“, „Wir alle sind so alt, wie die Welt selber“; Wir alle? Die Weißen und die afrikanischen Zwerge, die Weisen und die Kretine? „Alle Leute sind ewig heute“ – was unterscheidet Sie von Christen, Herr Schuler?

Die zyklische Wiederholung versteht Herr Schuler folgenderweise: „Der Weg ist immer so wichtig wie das Ziel, und wir können sogar jeden Punkt des Ringes als Ziel auffassen“. So glauben Sie, Herr Schuler? Ich empfehle Ihnen: erinnern Sie sich bitte an die traurigste Momente Ihres Lebens oder solche, wenn Sie den schrecklichen Schmerz erfahren und versuchen Sie diese Momente als Ziel Ihres Lebens aufzufassen.

Um eine Anklage wegen des Universalismus zu vermeiden, hat Herr Schuler ein Zauberwort erfunden: das Urmonergon. Allerdings Leibnitz, wäre er lebendig, könnte mit Empörung ausrufen: „Aber das ist doch meine Monade, nur im anderen Wortgewand!“ – und er hätte recht.

Herr Schuler warnt: „Es wäre völlig falsch, im Urmonergon ein materielles Teilchen zu sehen“, andernteils „das Urmonergon darf in keiner Weise mit dem Seelenbegriff verwechselt werden“. Wir wissen, daß Herr Schuler beabsichtigt, mit der Trennung von Geist und Materie aufzuräumen, das ist lobenswert, aber laut Ernst Krieck, der vom Kreatismus nicht gehört hatte, „Monade zum Unterschied vom materiellen Atom ist ein Geisteswesen, das aber ein Leib besitzt“. Ernst Krieck kämpfte früher und gründlicher gegen die oben erwähnte Trennung.

Aber Urmonergon – was ist das? Laut Herrn Schuler „es kann nur annähernd definiert werden als ein Seinspunkt, als eine Art Code, der seinem Träger durch die gesamte Evolution die… Identität sichert“.

Goethe sagte einmal zu Eckermann: „Das, was wir mit dem Wort ‚Entelechie’ bezeichnen, er (Leibniz) nannte ‚Monade’“. Entelechie – das ist auch eine Art Code, nicht wahr? Aber noch eine Frage taucht auf.

Herr Schuler zählt die „Naturgesetze“ (in Gänsefüßchen) zur Kategorie der „metaphysischen Chimären“. Emile Boutroux, Schwager von Henri Poincaré, hat noch in 1874 ein Buch „Über die Zufälligkeit der Naturgesetze“ geschrieben, aber es handelt sich um eine andere Seite der Argumentation des Begründers des Kreatismus: sie ist widersprüchlich. Er bemerkt mit Recht, das Vorhandensein eines Gesetzes wiederum einen Gesetzgeber verlangt, aber scheint es ihm nicht, daß Vorhandensein eines Codes wiederum einen Programmierer verlangt? Aber die Naturgesetze verneinend verwendet Herr Schuler immer solche Begriffe wie „Grundgesetze allen Lebens“, „Grundgesetze aller Wesen“, das „biogenetische Grundgesetz“, „das Grundgesetz der Wiedergeburt“ usw. Und diese Gesetze – von welchem Gesetzgeber wurden sie eingeführt?

Nicht nur für „metaphysischen Chimären“ erklärte Gesetze finden wir in dieser seltsamen Welt, sondern sogar den „hierarchischen Aufbau“. Leibniz stellte sich auch der Hierarchie der Monaden vor, aber er glaubte an Gott und glaubte zu wissen, wer diese Hierarchie festgestellt hatte. Herr Schuler, um die Logik seines Systems zu retten, ruft um Hilfe seine „Urmonergone“, die „Seinspunkte“, aus denen angeblich „das Sein besteht“ und ergänzt: „Die ‚Qualität’ dieses kosmischen ‚Codes’ muß als unendlich verschieden betrachtet, sonst wäre der hierarchische Aufbau der Welt nicht möglich“.

Aber um welche Hierarchie kann es sich handeln, wenn laut Herrn Schuler „Auch das Atom Geist besitzt“? Dieser Logik folgend besitzt die Atombombe Geist im höchsten Maße.

Nicht alle, aber so manche Unglücke resultieren aus Abstraktionen, zu denen die Deutschen insbesondere neigen. Lassen Sie uns den Anfang damit machen, daß wir eine These aufstellen werden: „Es gibt überhaupt kein Sein überhaupt“. Das Sein der Dinge, der Lebewesen und der Menschen kann nicht mit einem Wort beschrieben werden, es handelt sich um drei verschiedene Realitäten, die im verschiedenen Grade real sind, so daß ein Wort „Sein“ ihr Wesen nicht bestimmt. Diese Realitäten können sogar verschiedene Dimensionen haben: für einige ist die Zeit linear und für andere – zyklisch, und es gibt kein Grundgesetz der Wiedergeburt „aller Wesen“.

Wenn Herr Schuler meint, daß eine Wanze oder eine Mücke ebenso der Wiedergeburt wert ist, wie z.B. Caesar oder Platon oder daß ein gewisses „Grundgesetz“ des Alls diesen Insekten ein ewiges Leben gewährleistet – bitte schön! Aber meiner Meinung nach, ist das eine ganz perverse Denkweise, die nicht besser ist, als die christliche.

Sogar mit der Wiedergeburt der Menschen ist nicht alles so einfach. Julius Evola schrieb über die „zwei Wege im Jenseits“ und verwies auf die indische Überlieferung: „Diese beiden Wege (…) werden (…) als ewig angesehen. Auf dem einen geht der Mensch und kommt nicht zurück. Auf dem anderen kommt er zurück“ (J. Evola. Revolte gegen die moderne Welt. Arun, 1993. S. 83). Das Wort „Jenseits“ soll hier nicht irreführen: es handelt sich nur um eine Auswahl der Zeitdimension.

Übrigens, ich bin erstaunt, daß Herr Schuler dem Verfasser der Lehre von der ewigen Wiederkehr Vorwürfe wegen des angeblichen „Mechanizismus“ macht. Ein Deutscher sollte besser seine eigene Sprache kennen. In dieser Sprache bedeutet das Wort „gleich“ nicht nur „dasselbe“, sondern auch „ähnlich“. „Eine ewige zyklische Wiederholung des absolut Gleichen“ – das ist eine Lehre des französischen Revolutionärs L.A. Blanqui, die in seinem Werk „Die Ewigkeit durch die Sterne“ dargelegt ist.

Nietzsches Lehre ist komplizierter: schon sein Übermensch geht nicht in den Rahmen der ewigen Wiedergeburt ein (Siehe meinen Artikel „Die Deutschen – ein auserwähltes Volk“ in der Sammlung „Deutschland und Rußland“, Sonderausgabe der Zeitschrift „Athenaeum“).

Herr Schuler übernimmt von Nietzsche die Konzeption des Übermenschen, wenn er über eine „zukünftige Götterrasse“ spricht, aber er weiß, daß (dies) in der Gegenwart der rapide Vormarsch der Dekadenz geschieht, so daß ein vorzeitiger Niederbruch des Lebens auf dieser Erde droht“. Und die bulgarische Prophetin Wanga warnte: „Die Menschheit eilt zum Wahnsinn, von dem sie vernichtet werden wird“. Aber Herr Schuler hofft, daß „die Erde ihr biologisches Ziel noch nicht erreicht hat“. Meine Götter und Göttinnen! Was für ein Ziel? Die Erde und die Natur haben keine Ziele. Nietzsche empfahl nicht, die menschlichen Gefühle auf die Natur zu übertragen, aber das ist für Herrn Schuler eine Hauptbeschäftigung. Nach seinen eigenen Worten, wäre es ganz müßig zu fragen, ob die Welt einen Sinn und ein Ziel habe oder nicht“. Aber er begründet trotzdem seinen Glaube an die Wiedergeburt damit, daß ohne sie nicht nur die Gerechtigkeit fehlte, sondern auch jeder Anflug von Sinn und Vernunft“ in der Welt „völliger Absurdität“. Aber wer sagte, wer versprach Herrn Schuler, daß die Welt sich nicht in diesem Zustand befindet?

Der russische Revolutionär A. Herzen, enttäuscht von den Folgen der Revolution (1848), schrieb: „Wir sind bereit aus Ärger ans vernünftige Böse zu glauben, wie wir früher ans vernünftige Gute glaubten. Das ist unser letzter Tribut an den Idealismus. Als ob irgendwer, außer uns selbst, uns versprach, daß alles in der Welt fein und gerecht sein wird und wie geschmiert laufen wird. Es ist Zeit zu erraten, daß in der Natur und Geschichte vieles Zufälliges, Dummes, Verwirrtes besteht“. Wahrlich ist es Zeit!

A. Iwanow, den 24/25. Juli 2008


PDF Dietrich Schuler. Antwort an Herrn Iwanow


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