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Der Einbruch des Judentums in die Philosophie


Hans Alfred Grunsky

Hans Alfred Grunsky | Der Einbruch des Judentums in die Philosophie


Im Jahre 1907 schrieb der Marburger Ordinarius für Philosophie, Hermann Cohen, an einen Rassegenossen, einen Rabbiner: „Sie wissen, wie sehr ich mit den tiefsten Regungen meines Herzens und den innigsten Gefühlen meines Geistes mit dem inneren Leben unserer Religion verknüpft bin.“ Dieser Mann war im damaligen Deutschland – und weit darüber hinaus – die fast unumschränkt herrschende Autorität auf dem Gebiet der Philosophie. Als Führer und Begründer der sogenannten neukantianischen Schule erhob er den Anspruch, Erneuerer und Weiterbildner des kantischen Denkens zu sein. Gleichzeitig war er Lehrer an der Jüdischen Hochschule in Berlin. Er selbst bezeichnet sich als Baal teschuwa seit 1880, in welchem Jahr der damals 38jährige zuerst ein literarisches Bekenntnis zum Judentum abgelegt hatte. Baal teschuwa – das heißt Büßer, dessen Verdienst noch größer ist als das des Gerechten. Seit dem Beginn der 90er Jahre – ich zitiere die Darstellung des jüdischen Philosophie­Historikers Guttmann – hat Cohen weiterhin „in einer Fülle von Vorträgen und Abhandlungen den sittlichen Gehalt des Judentums zur Darstellung gebracht; nicht in objektiver Kühle, sondern in der glühenden Begeisterung des Bekenners“. Er ist dann, wie ebenfalls eine jüdische Quelle bezeugt, mit zunehmendem Alter immer jüdischer geworden. 1910 ist dieser Vorgang so weit gediehen, daß er sogar seinem großen Rassegenossen Spinoza aus tiefster Seele gram geworden ist, weil dieser, wie er in einer Veröffentlichung schreibt, „die Juden verlassen habe, und zwar bevor diese ihn verließen“.

Solches Bekenntnis zur eigenen Art wird an sich niemand lächerlich oder schlecht finden. Merkwürdig freilich, daß es sich um jemand handelt, der damals allgemein als repräsentativer Vertreter gerade der deutschen Philosophie galt. Aber etwas anderes ist noch viel merkwürdiger. Gehen wir von dem letzten Bekenntnis Cohens fünf Jahre weiter. Das deutsche Volk ringt im furchtbarsten aller Kriege um Sein oder Nichtsein. Wachgerüttelt durch dieses elementare Erleben schreibt ein deutschblütiger Philosophieprofessor, der in der Leitung der Kant-Gesellschaft, der damals maßgebenden philosophischen Vereinigung, tätig ist, einen Aufsatz über den Begriff der Nation. Er kommt darin unter anderem zu dem Ergebnis, daß dieser Begriff auch etwas mit Abstammungsgemeinschaft zu tun habe. „Ohne daß ich selber“, schreibt er, „auch nur ein Wort zu reden brauche, bieten mir im Auslande die Zeitungsausträger deutsche Zeitungen an, und wenn es anders wäre, so käme ich mir wahrhaft kümmerlich und von Mutter Natur stiefmütterlich behandelt vor.“ An zwei Stellen dieses Aufsatzes ist nun auch kurz vom Judentum die Rede. An der einen Stelle weist er auf die nationale, im Zionismus zum Ausdruck kommende „Sehnsucht des Judenvolkes“ hin, die „nicht bloß Beachtung, sondern auch Achtung“ verdiene. An der anderen sagt er, daß es aus der Liebe zur Scholle heraus „psychologisch und historisch durchaus verständlich sei, wenn Angehörigen des jüdischen Volkes der Erwerb deutschen Bodens von unseren Stammesvätern versagt ward“. Zur selben Zeit erschien von demselben deutschblütigen Professor eine andere Veröffentlichung, in der er es wagte, unterscheidend vom deutschen Denker Kant und vom jüdischen Denker Cohen zu sprechen, wobei er sich beeilt, dieses Wagnis aus seiner durchaus liberalen Haltung heraus – er selbst stand mit einem jüdischen Kollegen auf gutem Fuß – dadurch abzuschwächen, daß er Cohen als „eine der ehrwürdigsten Gestalten des modernen Judentums“ bezeichnet.

Allein, er hatte zuviel gewagt. Ich muß dabei ausdrücklich bemerken, daß ich die Verbrechen des deutschblütigen Professors vollständig aufgezählt habe und daß er sich vordem auch niemals etwas hat zuschulden kommen lassen. Aber trotzdem: sie mußten gesühnt werden. Ein Sturm der Entrüstung, der Empörung und der Erbitterung ging durch die Kant-Gesellschaft, die zu einem hohen Prozentsatz aus Juden bestand und an deren Spitze Arthur Liebert, natürlich ebenfalls ein Jude, amtierte. ‚Hermann Cohen in unerhörter Weise beleidigt!’ – so hagelte es Protestschreiben und Austrittserklärungen. Liebert, der Vorsitzende, fährt eigens zu dem Sünder, um ihn zur Vernunft zu bringen. Dieser erklärt sich bereit, eine Entgegnung in die von ihm geleitete Zeitschrift unter der Voraussetzung aufzunehmen, daß sie in sachlichem Ton gehalten sei. Der Neukantianer Cassirer (bis 1933 philosophischer Ordinarius in Hamburg, jetzt in Oxford Emigrantenprofessor) wird mit dieser Aufgabe betraut. Seine Entgegnung fällt indessen derart gehässig und unsachlich aus, daß der deutschblütige Professor, der diesen Sturm heraufbeschworen hatte, sich weigert, sie aufzunehmen. Jetzt eröffnet ihm die in Aufruhr geratene Judenschaft drei Möglichkeiten: entweder er gibt eine öffentliche Ehrenerklärung für Cohen ab oder er nimmt wegen einer schon weit zurückliegenden Operation ein Jahr Urlaub oder er tritt stillschweigend zurück und verschwindet damit aus der Leitung der Kant-Gesellschaft. „Eine öffentliche Ehrenerklärung für Cohen“, meint der harmlose Deutsche, der ebenso verständnis­wie fassungslos vor den Folgen seiner Untat steht, „könnte ich darum nicht abgeben, weil ich nicht einmal in meinen geheimsten Gedanken eine Ehrenkränkung Cohens begangen habe.“ Auch den zweiten Vorschlag mit der Operation lehnt er aus Gründen der Wahrheit ab. So tritt er denn einfach von seinem Amt in der Kant-Gesellschaft zurück.

Das also war jene Freiheit der Wissenschaft, die im Jahre 1933 ihr Ende gefunden hat, die Freiheit nämlich, Kriterien wissenschaftlicher Wahrheit willkürlich festzusetzen je nach dem Maß, ob sich dadurch ein Jude gekränkt fühlt oder nicht. Das Eigentümlichste ist aber, was hier als Beleidigung aufgefaßt wird. Machen wir uns doch das Ungeheuerliche einmal klar: In der Notzeit nationalen Ringens, wo gerade erst recht die Waffen des Geistes sich mit den Waffen der Armee zu einheitlicher Wirkung hätten vereinigen müssen, war es einem deutschen Philosophieprofessor nicht gestattet, von einem jüdischen Philosophen zu sagen, daß er ein „ehrwürdiger Vertreter des Judentums“ sei, obwohl dieser Jude selbst seit Jahrzehnten immer und immer wieder flammende Bekenntnisse zum Judentum abgelegt hatte. Was bedeutet dieses Phänomen? Nach unserem Empfinden hatte der deutschblütige liberale Professor seinen jüdischen Kollegen ja nicht beleidigen wollen, im Gegenteil war er ihm mit Achtung und Ehrerbietung gegenübergetreten. Aber was nützt den Juden eine solche Achtung, wenn sie – das ist nämlich hier des Pudels Kern – nicht gleichzeitig das Zugeständnis einschließt, daß auch Kant im Grunde ein jüdischer Denker, gewissermaßen ein kleiner Cohen gewesen sei.

„Der Mensch“ – ich gebrauche absichtlich wieder die Worte des Juden Guttmann – ist nach Cohens Ethik „nicht das Individuum in den Zufälligkeiten seines natürlichen und sozialen Daseins.“ Dem Begriff des Menschen könne vielmehr nur der Gedanke der menschlichen Allheit genügen. Die „Idee des Menschen“ finde seine „Realisierung in der Gemeinschaft der Menschheit“. „Der Sittlichkeit gegenüber ist es undenkbar,“ sagt Cohen in seiner Ethik des reinen Willens, „daß es einen Unterschied in der sittlichen Kraft der Menschen geben könnte. Der Gedanke des Übermenschen ist einfach deshalb widersittlich, weil er unzertrennlich verbunden ist mit dem Gedanken des Untermenschen.“ Oder noch ärgerlicher: „Die Herrenmoral ist nichts als Teufelei.“

Als Kronzeugen für diese Menschheitsethik, in der jede blutmäßige Bindung verneint und vernichtet ist, führt Cohen nun die Lehre Kants ins Feld. Diese bedarf freilich einer wichtigen Ergänzung und Erweiterung, des Nachweises nämlich, daß jene höchsten sittlichen Menschheitsziele mit der Idee der jüdischen Religion identisch seien. Dies ist der Angelpunkt der Cohenschen Ethik. Was wohl unser großer deutscher Denker zu dieser Interpretation seiner Philosophie gesagt hätte? Jedenfalls hat Kant Respektlosigkeiten begangen, die ihm als Zeitgenossen Cohens einen noch ganz anderen und kräftigeren Hinausschmiß aus der Kant-Gesellschaft eingetragen hätten, als sie jenem deutschen Philosophieprofessor zuteil wurde, der schüchtern von Nation zu sprechen wagte, von einem deutschen Denken und dem „ehrwürdigsten Vertreter des Judentums“. Aber da Kant eben kein Zeitgenosse Cohens war, sondern ein höchstes Ansehen in der Philosophie genießt, so wird ihm verziehen, daß er den nach Cohen „ungeheuerlichen Satz“ aufstellte, das Judentum sei eigentlich gar keine Religion, sondern der Inbegriff bloß statuarischer Gesetze. Das waren freilich Entgleisungen Kants. Sie stören den eigentlichen Gehalt seiner Philosophie nicht, der nach Cohens Meinung in einer Ethik der reinen Menschheitsgesinnung bestehen soll; wobei Kant allerdings noch nicht merkte, daß sich die Verwirklichung der „der Menschheit auferlegten sittlichen Forderung“ mit der jüdischen Messias­Idee deckt.

Da die Tugend der Bescheidenheit nach Cohen der Tapferkeit vorangeht, verfährt er bei der Schilderung des Verhältnisses, das zwischen Menschheit, Sittlichkeit und Messianismus waltet, mit echt jüdischer Bescheidenheit. „Alle diejenigen,“ sagt er, „welche in der Politik für ihr Volk und die Menschheit kämpfen und leiden, sind die Jünger der jüdischen Propheten.“ Diese sind die eigentlichen „Heroen“. Wobei heroische Tapferkeit natürlich keineswegs mit soldatischen Eigenschaften verwechselt werden darf. „Wirkliche Helden des Geistes“, witzelt der Jude, „sind keineswegs immer Gardefiguren.“ „Das wahre Schlachtfeld der Tapferkeit ist vielmehr die – Kultur.“ „Der Fleiß der Arbeit für die Kultur ist der eigentlichste Sinn und Wert der Tapferkeit…“ Und da geben „die Propheten das ewige Vorbild ab. Ihr Patriotismus war der edelste, der erhabenste, aber die Menschheit ging ihnen über ihr Volk. Ihre Politik war nichts anderes, als was wir heutzutage Sozialismus nennen.“

Hier schließt sich der Ring, und ich glaube, es ist fast überflüssig, hinzuzufügen, daß Cohen Marxist und Freimaurer war. Jedenfalls danken wir ihm das eine, daß er den Zusammenhang zwischen Marxismus und jüdischem Messianismus mit einer Deutlichkeit hervorgehoben hat, die nichts zu wünschen übrig läßt. Seine Lehre ist gewissermaßen Schlüssel und Kommentar zu dem Wort, das der jüdische Historiker Heinrich Graetz vor 90 Jahren niederschrieb: „Der Endzweck des Judentums ist kein anderer als die geistige und materielle Vervollkommnung und Veredlung des Menschen.“

Freilich, Cohen wurde etwas allzu deutlich. Man rückt ein wenig von ihm ab. Man nennt ihn mit größter Ehrerbietung, aber gibt doch zu verstehen, daß er auf dem falschen Wege war. „In der Nacht der Gegenwart“ – nämlich im Jahre 1935 – äußert sich ein Jude elegisch über Cohen (der 1917 starb): „sein Messias war falsch, sein Messianismus war echt.“ Das deutsche Volk, soll das heißen, hat es Cohen übel gelohnt, daß dieser ihm die Ehre antat, Kant zum jüdischen Messias oder wenigstens zu dessen Vorläufer zu erheben. Der Versuch, durch eine Umbiegung und Umfälschung eines großen deutschen Philosophen die jüdischen Pläne ihrer Verwirklichung näherzubringen, ist gründlich mißglückt.

Aber wie kommt Kant dazu, als Wegbahner des jüdischen Messianismus proklamiert zu werden? Nun, wir werden sehen, daß diese Ehre jedem großen Geist der Menschheit zuteil geworden ist. Und wir werden die Arten, Methoden und den Zweck solcher Umfälschungen noch näher zu betrachten haben.

Viel wäre, um auf Kant zurückzukommen, für das Judentum schon gewonnen, wenn wir aus Ekel vor der jüdischen Mißdeutung eine Abneigung gegen den deutschen Denker Kant als solchen fassen würden. Gewiß, es waren immer die schwächsten Stellen, an denen solche Mißdeutungen einhaken. So auch bei Kant. Der schwache Punkt seiner Ethik liegt darin, daß sie sich noch nicht aus gewissen Traditionen, die wie Meltau über der Entwicklung des germanischen Denkens liegen, freimachen kann. Da wäre u. a. die Abhängigkeit zu nennen, in der Kants Sittlichkeitsbegriff vom Stoizismus steht. Diese Abhängigkeit ist nicht eine Sonderschwäche Kants, sondern eine viel allgemeinere Einwirkung, die sich von der Renaissance bis zur ihrem Gipfel in der Aufklärung wie ein roter Faden durch die Jahrhunderte zieht. Der Stoizismus hat in der Antike zum erstenmal in größerem Umfang eine Sittenlehre aufgestellt, die die Menschheit oder, was dasselbe ist, das aus allen völkischen und rassischen Bindungen losgelöste Individuum in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung stellt. Es war jene Zeit der zerfallenden Blutsbindungen, des beginnenden Völkerchaos, als der stoische Weise die Idee einer reinen Menschheitssittlichkeit auf seine Fahne schrieb. Das Lehrreichste daran ist, daß diese Bewegung, rassisch gesehen, in vielem schon außerhalb des Griechentums steht und typisch orientalisch­semitische Züge in sich aufnimmt, die sich dann eigentümlich mit einer nordischen Willenhaftigkeit vermischen, die sich verzweifelt aus dem zerfallenden politischen Leben in sich zurückgezogen hat und sich nun gleichsam als gegenstandsloses Pflichtgefühl um sich selber dreht. Gleich der Begründer der stoischen Schule, Zenon, hat semitisches Blut und die Griechen empfanden das Artfremde dieses Poenulus, dieses kleinen Phöniziers, wie sie ihn nannten, sehr wohl. So ist es also nicht zu kühn, wenn wir sagen, daß die Fernwirkung dieses Phöniziers auf Kant es möglich machte, daß ein Jahrhundert nach Kant sich der Jude Cohen über diesen deutschen Denker hermachen konnte (wie dasselbe übrigens schon eine ganze Anzahl von Juden vorher getan hatte; zu Kants Lebzeiten bereits Salomon Maimon, Marcus Herz und Lazarus Bendavid und später im 19. Jahrhundert z. B. Otto Liebmann).

Anderseits ist in diesem Zusammenhang nicht außer acht zu lassen, daß der negative Einfluß des Stoizismus auf Kant ja durch die deutsche Umbildung des stoischen Standpunkts, die man die preußisch­friderizianische nennen könnte, ganz wesentlich abgeschwächt wird. Und selbst wenn wir den ursprünglichen Stoizismus betrachten, so hat auch der mit jüdischem Messianismus jedenfalls nichts zu tun. Wenn die stoische Menschheitsidee auch von dem jüdischen Ideal des Weisen durchschnitten wird, so ist das doch weit harmloser, als die Umbildung, die der Gedanke der Gleichheit und Brüderlichkeit erleidet, wenn er sich, wie beispielsweise gegenwärtig in Rußland, mit dem messianischen Willen zur jüdischen Vorherrschaft vereinigt. Die Linie Zenon–Cohen schneidet also die Riesengestalt Kants nur an einer einzigen und in bezug auf das, was Kant uns Deutschen zu sagen hat, nicht einmal wesentlichen Stelle. Cohen aber versetzt diese Linie durch das Zauberspiel seiner Sophistik in rotierenden Schwung, so daß sie nun wie ein Strahlenkegel, dessen Ausgangspunkt Cohen selbst ist, um die Gestalt des großen deutschen Denkers flimmert und ihn uns am Schluß unter dem Zerrbild eines alten Juden an die Wand wirft.

Nur ein Beispiel dafür: Ein Kardinalpunkt von Kants Lehre ist seine Einsicht, daß Anschauung und Begriff unzertrennlich zusammengehören und nichts ohne einander sind. „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“: diese berühmte Formulierung bringt eine jener zentralen Erkenntnisse zum Ausdruck, die uns über alles Zeitbedingte seines Systems voranleuchten wird. Sie entspringt dem germanisch­deutschen Streben nach spannungsgeladener Einheit. Der Jude hat nichts Eiligeres zu tun, als diese Einheit auseinanderzuschlagen. Cohen streicht aus der notwendigen Zusammenspannung von Denken und Anschauung den Faktor der Anschauung weg und stellt damit die Erkenntnistheorie Kants auf den Kopf. Und ebensowenig hat er etwas von dem Metaphysiker Kant begriffen.

Nicht besser als Kant ergeht es dem größten griechischen Denker Platon. Auch ihn verzerren Cohen und die Neukantianer in jüdischer Richtung. So will uns z. B. – um eine Einzelheit zu nennen, die an vorhin Erwähntes anknüpft – Cohen weismachen, Platon habe den Begriff der Tapferkeit in seinem (Cohens) Sinne verstanden. Er, Platon, schreibt Cohen, scheut nicht „die Anlehnung an die Volksmoral, welche in der Tapferkeit von jeher die vornehmste Tugend erkannte. Aber er schlägt sie jetzt mit ihren eigenen Waffen, indem er sie aufnimmt und umdeutet“. – „Schlägt sie mit eigenen Waffen, indem er sie aufnimmt und umdeutet“: das ist wie ein unbewußtes Geständnis der eigenen Methode, nicht bloß der Methode Cohens, nein, der jüdischen Methode überhaupt, der Methode dessen, was sich jüdische Philosophie nennt und nannte.

Man muß nämlich wissen, daß der Eintritt des Judentums in die Philosophie glorreich damit begann, daß etwas vor der Wende unserer Zeitrechnung der Jude Aristobulos griechische Texte bewußt und systematisch fälschte, um ihre Übereinstimmung mit dem Alten Testament nachzuweisen. Der alexandrinische Jude Philo, der erste jüdische Philosoph, hat dann bescheiden erklärt, daß Platon seine Philosophie aus Moses geschöpft habe. Wir sehen, wie Kant seinen Cohen, so hat Platon seinen Philo gehabt. Nun könnte man ja sagen, jene Zeit des Hellenismus ist ganz allgemein dadurch gekennzeichnet, daß alle möglichen Systeme und Religionen durcheinander gerührt und in unschöpferischer Weise miteinander vermischt werden. So kam auch der alexandrinische Jude Philo dazu, Platonismus und Judaismus miteinander zu vermengen. Allein die Tatsache, daß Philo Platon zum Schüler des Moses macht, deutet doch auf etwas Besonderes hin. Unser Zeitgenosse, der Jude Adler, würde uns den Fall vielleicht so erklären können, daß der arme Jude Philo in Alexandria angesichts der Überlegenheit der griechischen Wissenschaft von Minderwertigkeitskomplexen befallen wurde und sich deshalb nach dem Gesetz der Überkompensation die größenwahnsinnige Geschichte mit Moses zurechtlegte. Mag dem nun sein, wie ihm wolle, wir gedenken hier nicht psychoanalytische Untersuchungen anzustellen, sondern müssen nach wirklich wesentlichen Zusammenhängen suchen.

Zunächst muß es uns auffallen, daß sowohl Philo wie Cohen, die in ganz verschiedenen Zeiten lebten, beide darin übereinstimmen, daß sie große arische Denker mit dem jüdischen Prophetentum in Verbindung bringen, und unser Erstaunen wächst, wenn wir auch den bedeutendsten jüdischen Philosophen des Mittelalters, den im 12. Jahrhundert lebenden spanischen Juden Maimonides, dieselben Wege gehen sehen. In der Tat ist das Problem des Verhältnisses von Platon und Prophetentum zwar nicht für uns, wohl aber für die Erkenntnis der jüdischen Philosophie und ihrer Falschmünzereien von entscheidender Wichtigkeit.

Der zum Führen und Herrschen Berufene, der nach Platon Philosoph und Staatsmann in einem sein muß, steigt in das Reich der ewigen Wirklichkeit, in das Ideenreich auf und holt sich von dort die Voraussetzungen für sein Vorhaben, nun in irdischem Gebiet einen vollkommenen Staat aufzubauen. Der jüdische Prophet tritt vor seinen Gott und überbringt dessen Botschaft den Menschen. Über dieser formalen Gleichheit des Emporsteigens zum Göttlichen als Vorbedingung einer darauf folgenden politischen Tätigkeit dürfen wir indessen nicht übersehen, daß beide Fälle ganz verschieden liegen, ja unvereinbar miteinander sind. Ein grundlegender Unterschied besteht darin, daß dem Propheten befohlen wird und er Befehle empfängt, wogegen die platonische Hinwendung zu den Ideen eine freie innere Tat des menschlichen Geistes ist. Aber hinter diesem Gegensatz von Befehl und Freiheit steckt noch ein viel tieferer. Wir brauchen bloß Platons Ausführungen über das Wesen des Staatsmannes in seinem gleichnamigen Dialog nachzulesen, um zu erkennen, wie nahe Platon hier den Vorstellungen vom Politischen kommt, die uns heute im Nationalsozialismus gegenwärtig sind. Nicht durch starre Gesetze und Vorschriften, sondern aus der lebendigen schöpferischen Kraft des genialen Staatsmannes wird ein Staat richtig aufgebaut. Natürlich sind Gesetze nötig, meint Platon, aber der Herrscher darf sich nicht zu ihrem Sklaven machen, auch nicht zum Sklaven seiner eigenen Gesetze. Wie ein Arzt, führt Platon aus, die Vorschriften, die er etwa vor einer Reise seinem Patienten schriftlich zurückgelassen hat, nicht weiter beachten wird, wenn er nach seiner Rückkehr dessen Zustand verändert findet, so wird auch der Gesetzgeber die Vorschriften, mögen sie von ihm oder von einem Vorgänger stammen, ohne weiteres preisgeben, wenn sie seinen Zwecken nicht mehr entsprechen. Schon diese Stelle allein beweist, was durch ein genaueres Erfassen der Ideenlehre nach allen Seiten bestätigt wird: daß Platons philosophischer Staatsmann sich aus dem ewigen Ideenreich nicht etwa ein fertiges Gesetz holt. Vielmehr ist dieser Aufstieg und Abstieg ein schöpferischer Denkprozeß, aus dem nach Platon dann die freie Tätigkeit des Staatsmannes hervorquillt. Dies widerspricht nicht dem ruhenden Charakter der ewig seienden Urbilder, als die sich Platons Ideen darstellen. Gerade weil dieses ewige Sein ruht, kann sich der Mensch frei schöpferisch betätigen, während ein aufs äußerste gesteigerter Aktivismus eines vom Menschen getrennten Gottes den Menschen zu unfruchtbarer Passivität verurteilt.

Gewiß auch Platons Ideenlehre hat ihre schwache Stelle, und so nach dieser große Denker in vielem gerade unserer deutschen Gegenwart ist, so wenig werden wir ihm im ganzen folgen können. Ich glaube sogar, daß eine völkische Philosophie die wichtige Aufgabe hat, über Platons Ideenlehre hinauszukommen. Allein, das steht auf einem anderen Blatt.

Hier kam es mir lediglich darauf an, Ihnen den unüberwindlichen Gegensatz anzudeuten, der zwischen Platons Lehre und dem jüdischen Prophetismus herrscht. Sie verstehen jetzt, wie groß die Umfälschung ist, wenn es die jüdische Philosophie zu einem ihrer Lieblingsthemen macht, Platon im Sinne des jüdischen Prophetismus mißzudeuten, oder wie man sagt, zu ergänzen. Platon stellt die Gleichung zwischen Staatsmann und Philosophen auf. Er hat dabei den jüdischen Propheten einzubeziehen vergessen. So denkt Cohen, so denkt Maimonides, so macht Philo den Platon zum Schüler des Moses, so erklärt es uns der Jude Leo Strauß in seinem 1935 erschienenen Maimonides­Buch „Philosophie und Gesetz“ folgendermaßen: „Was Platon gefordert hat, daß die Philosophie unter einer höheren Instanz, unter dem Staat, unter dem Gesetz stehe, das ist im offenbarungsgläubigen Zeitalter erfüllt.“ Bündiger läßt sich die Umfälschung Platons wohl nicht mehr formulieren. Dabei ist sich Strauß sehr wohl bewußt, daß der Begriff des Propheten kein platonischer ist, eben weil er die Platon gänzlich fremde Vorstellung der Offenbarung voraussetzt. Um so dreister die Behauptung, Platon habe das gefordert, also gewissermaßen vorbereitet, was sich dann im jüdischen Gesetz erfüllt hat.

Diese Art, nichtjüdisches Geistesgut, das einem den Juden gänzlich fremden und gegensätzlichen Wirklichkeitszusammenhang angehört, in die jüdische Gesetzesvorstellung hineinzuziehen und ihr unterzuordnen, ist eine für die jüdische Philosophie und für das Judentum überhaupt grundlegende Methode. Sie ist dieselbe, ob sie um die Wende unserer Zeitrechnung der Alexandriner Philo oder im Mittelalter Maimonides oder im 20. Jahrhundert Cohen anwendet.

Sie ganz durchschauen, heißt den Schlüssel zur jüdischen Philosophie und darüber hinaus zur Judenfrage im ganzen in der Hand haben.

Wir müssen zu diesem Zweck einen Augenblick näher auf den Begriff der jüdischen Gesetzesvorstellung eingehen. Das Gesetz ist als Thora in Form des biblischen Textes von Gott gegeben und muß bis ins letzte erfüllt werden. Die Thora ist Wort für Wort und Buchstabe für Buchstabe präexistent, d. h. also vor Erschaffung der Welt vorhanden. Es kann daraus kein Tüttelchen weggenommen, keines hinzugefügt werden, ohne daß der Wille Gottes dadurch mißachtet würde. Gott selbst sitzt im Himmel und studiert die Thora. Wer das Gesetz übertritt, macht sich vor Gott schuldig. Folglich muß das gesamte soziale Leben so geregelt werden, daß Gesetzesübertretungen nach Möglichkeit nicht vorkommen können.

Das ist besonders schwierig für die in der Diaspora lebenden Juden, die ja unter fremden Lebensbedingungen stehen. Die Diaspora wird übrigens schon in der Antike zu einem wesentlichen Merkmal des Judentums und man muß wissen, daß nur die babylonische Diaspora zunächst eine gewaltsame war, nicht aber die ägyptische (in Alexandria) und die kleinasiatisch­syrische, wobei auch bei der babylonischen Gefangenschaft das Erstaunliche das ist, daß später nur ein winziger Bruchteil der Juden von der Erlaubnis, in die Heimat zurückzukehren, Gebrauch machte.

Um nun zu wissen, was eine Gesetzesübertretung ist, braucht man den Schriftgelehrten, den Rabbi, der einem sagt, wie die Thora in jedem einzelnen Fall zu interpretieren ist. Diese Interpretationen der Thora werden zunächst mündlich gepflegt und dann in den ersten 5 Jahrhunderten nach Beginn unserer Zeitrechnung im sog. Talmud endgültig fixiert. Der Talmud ist also die bindende Interpretation der Thora, die die Schriftgelehrten geben.

Da besteht z. B. das Gesetz, daß sich der Jude am Sabbat nicht mehr als 2000 Ellen vom Wohnsitz entfernen darf, eine Bestimmung, die in vielen Fällen einzuhalten ganz unmöglich ist, und dennoch muß sie eingehalten werden. Das läßt sich auf folgende Weise bewerkstelligen: Wohnsitz, das ist soviel wie der Ort, wo man etwas zu essen zu sich nimmt. Wenn man nun am Tage vor dem Sabbat in der Richtung, in der man an diesem zu gehen wünscht, alle 2000 Ellen etwas zu essen niederlegt, so schlägt man an solchen Punkten einen neuen Wohnsitz auf und kann dann so weit gehen, wie es einem beliebt. Eine etwas umständliche Methode, die sich der Ostjude dadurch vereinfacht, daß er einen großen Topf voll Essen mit in die Eisenbahn nimmt und unter die Bank stellt, auf welche Weise er seinen Wohnsitz im Abteil aufgeschlagen hat und nun viele Kilometer weit fahren kann, ohne das Gesetz verletzt zu haben.

Oder es war am Sabbat das Hinaustragen eines Gegenstandes aus einem Privatbereich, z. B. einem Wohnhaus, in einen öffentlichen Bezirk, z. B. auf eine Straße, als Arbeit streng untersagt. Hierzu heißt es nun im Talmud: „Wer etwas hinausträgt, sei es in seiner rechten, sei es in seiner linken Hand, in seinem Busen oder auf seiner Schulter, der ist schuldig… Trägt er es aber hinaus auf der Rückseite (oberen Seite) seiner Hand, mit seinem Fuß, mit seinem Mund oder mit seinem Ellbogen, an seinem Ohr oder in seinem Haar oder in seinem Geldbeutel mit der Öffnung nach unten, zwischen dem Geldbeutel und seinem Hemd oder am oder im Saum seines Hemdes, in seinem Schuh, an seiner Sandale, so ist er frei, weil er nicht hinausträgt, wie man hinauszutragen pflegt.“ Sie sehen, die Möglichkeit zur Übertretung des Gesetzes ist hier im Gesetz selbst schon vorgesehen. Die Neigung, Gesetze zu umgehen, findet sich wohl bei den asozialen Individuen aller Völker. Das Bestreben aber, ein Gesetz faktisch zu übertreten und dann mit allen Mitteln eines uns freilich nicht mehr verständlichen Scharfsinns den Beweis zu führen, daß das Gesetz eingehalten wurde, das ist das einzigartig Jüdische, eines der kennzeichnenden Merkmale der Welt des Talmud.

Und ein anderes Merkmal des Talmud ist die besondere Form des Denkens, durch die dieser Zweck erreicht wird. Betrachten Sie das zuletzt genannte Beispiel: Hier wird der Begriff der Arbeit in einem ganz bestimmten formalen Sinn genommen. Was außerhalb dieses formalen Sinnes liegt, fällt nicht mehr darunter, bietet also die Möglichkeit, das Gesetz zu umgehen und doch einzuhalten; obwohl inhaltlich für unser Empfinden, wenn schon bestimmte Tätigkeiten als solche verboten sein sollen, kein Unterschied einzusehen ist, ob ich einen Topf auf dem Handrücken oder auf der Handfläche zur Türe hinaustrage. Dem Talmud aber kommt es darauf an, den Begriff der Arbeit – um einen Lieblingsausdruck der modernen jüdischen Physiker vom Schlage Einsteins und Reichenbachs zu gebrauchen – „geeignet zu definieren“.

Dieses „geeignete Definieren“ ist aber nur ein kleiner Anfang und Ansatz der Methoden, auf denen das talmudische Denken beruht. Für unser Gefühl unfaßbar ist die Umkehrung dessen, was wir unter wissenschaftlichem Verfahren verstehen: Wir suchen mit Hilfe bestimmter Methoden eine zunächst offene Frage zu beantworten. So könnten wir etwa die Frage aufwerfen, ob Moses Platon irgendwie beeinflußt habe, um dann mit Hilfe der philologischen und historischen Methodik als Ergebnis festzustellen, daß ein solcher Zusammenhang nicht bestanden haben kann. Für das talmudische Denken dagegen steht das Ergebnis von vornherein fest und es handelt sich jetzt umgekehrt darum, geeignete Methoden ausfindig zu machen, mit deren Hilfe man zu diesem Ergebnis gelangen kann. So steht es für Aristobulos von vornherein fest, daß Platon der Schüler Moses’ war. Als Methode, dies zu beweisen, bedient er sich, etwas plump, einfach der Textfälschung.

Der Talmud hat dafür raffiniertere Wege zur Verfügung. Zu einem bestimmten Zweck, d. h. um irgendeine Behauptung zu beweisen, ist es z. B. nötig, zwei Thora­Stellen miteinander in Verbindung zu setzen, die sich innerlich gar nicht aufeinander beziehen lassen. Nun haben die hebräischen Konsonanten gleichzeitig die Bedeutung von Zahlen, so daß jedes Wort je nach den darin vorkommenden Buchstaben gewissermaßen eine bestimmte Quersumme besitzt. Um nun die gewünschte Verbindung zwischen jenen beiden Thora­Stellen zu stiften, genügt es unter Umständen durchaus, nachzuweisen, daß gewisse Wörter dieser Stellen, die an sich nicht das mindeste miteinander zu tun haben, den gleichen Zahlenwert besitzen.

Oder ein anderes Beispiel aus dem Talmud: Wenn sich in einem Raume eine Leiche befindet, so ist der Raum unrein, ein davon abgetrennter Nebenraum dagegen rein. Was für eine schwere Unreinheit, wie es eine Leiche darstellt, gilt, das gilt auch für eine leichte Unreinheit, z. B. ein Kriechtier. Das ist der Schluß vom Leichten auf das Schwere, wie er an sich nach den Gesetzen der Logik verständlich ist. In diesem Sinne führt ihn in einer komplizierten theologischen Auseinandersetzung auch ein Rabbi unter Hinweis auf jenen Sachverhalt mit dem Kriechtier und der Leiche an, um den Satz zu beweisen: „wenn Heiliges durch Heiliges entweiht wird, um wieviel mehr durch Profanes.“ Nein, sagt der andere Rabbi, das ist nicht richtig, und weist dem ersteren nach, daß er im Irrtum ist, denn aus der Thora­Stelle: „Sie sollen die heiligen Gaben der Kinder Israels nicht entweihen, was sie für den Herrn abheben“ folgert er auf eine uns nicht mehr verständliche Weise den Satz: „Heiliges kann Heiliges entweihen, Profanes aber kann Heiliges nicht entweihen.“ Demnach hebt, heißt es dann, jener Schriftvers den Schluß vom Leichten auf das Schwere auf. Folglich… Und die endlos ineinandergeschachtelten Diskussionen über die richtige Interpretation der Thora­Stellen gehen weiter.

Ein Grundprinzip dieser Interpretation ist nun aber auch folgendes: Jedes Wort der Thora hat seinen bestimmten Sinn. Gott kann nämlich nicht zweimal dasselbe gesagt haben. Folglich meint er, wenn zweimal verschiedene Sätze wörtlich oder doch mit scheinbar gleichem Sinn vorliegen, dennoch jedesmal etwas anderes. Was er damit gemeint hat herauszubringen, ist Sache der Rabbiner. Beispielsweise wird in der Thora eine Übung beschrieben, durch die sich besondere Heiligkeit erlangen läßt und bei der es u. a. darauf ankommt, für längere Zeit die Haare nicht zu scheren. Das wird in einer etwas farbigen Weise von der Thora ausgemalt, wobei die Ausdrücke des Heiligseins und des Haarscherens in mehreren Sätzen mehrmals wiederholt werden, so daß also in verschiedenen Sätzen scheinbar das gleiche gesagt wird. Das ist bei Gott aber nicht möglich, denn es ist kein Wort der Thora überflüssig. Das eine Mal hat Gott, so interpretieren die Rabbis, den gewöhnlichen Verlauf der Prozedur gemeint. In der anderen Stelle hat Gott in seiner Weisheit auch gleich den Fall in Betracht gezogen, daß einer gar keine Haare hat. Soll er deshalb des Segens der Bußübung verlustig gehen? Nein, daß auch ein solcher heilig sei, wollte Gott mit der Wiederholung jener Stelle sagen. Eine dritte Wiederholung soll sich dann auf den Fall beziehen, daß der seine Haare wachsen Lassende während der vorgeschriebenen Zeit in die Hände von Räubern fällt und diese ihm die Haare mit Gewalt scheren. Daß auch dieser durch solches Mißgeschick Betroffene die versprochene Heiligkeit erlangt, wollte Gott mit der dritten Wiederholung des ähnlichen Ausdrucks sagen. Und so geht es fort. Oder es können sich endlose Diskussionen darüber entspinnen, warum an einer Stelle das Wort „und“ dasteht oder nicht dasteht, denn auch dies muß seinen Grund haben, da kein Wort der Thora überflüssig ist.

Wir sagen von einer organischen Gestalt oder auch von einem Kunstwerk oder von der Welt als Ganzem, wenn wir sie unter dem Bild eines Organismus oder eines Kunstwerks betrachten, diese Gebilde seien vollkommen, weil an ihnen nichts überflüssig sei, alles an der rechten Stelle stehe, und sprechen damit das Prinzip des durchgängigen Zusammenhangs aus, das nichts in der Vereinzelung läßt; denn uns wäre eben das Vereinzelte überflüssig. Der talmudische Grundsatz der Einzigkeit der Thora­Worte hat eine genau entgegengesetzte Bedeutung. Hier handelt es sich gewissermaßen um ein Prinzip der absoluten Zusammenhanglosigkeit. Ein Prinzip, das die Möglichkeit eröffnet, jede einzelne Stelle, jedes Wort zu isolieren und ihm einen besonderen, d. h. willkürlichen Sinn zuzuweisen.

Trotzdem die wenigen Beispiele, die ich anführen konnte, manche von Ihnen verwundert haben werden, können sie doch nur einen ganz schwachen Begriff geben von der Absurdität des talmudischen Denkens, die in Wirklichkeit alles übersteigt, was auch beim besten Willen noch in einen arischen Kopf hineingeht. Wollen wir das Wesen dieses Denkens auf einen Begriff bringen, so können wir vielleicht sagen, es handelt sich um einen absolut widersinnigen Formalismus, der von jedem konkreten Sinn, von jeder gegebenen Wirklichkeit absieht. Das heißt: es handelt sich nicht etwa um bloße Abstraktionen, die vom Konkreten zu immer dünneren Begriffsgespinsten aufsteigen – nein, hier werden Stricke formalistischer Betrachtungsweise ganz ohne Berührung mit der Wirklichkeit sozusagen nur unter Verwendung jenes Zaubermittels, das sich Thora nennt, hergestellt und zu Lassos verarbeitet, mit denen man rücklings und willkürlich ein Stück Wirklichkeit einfängt, es abwürgt und aus seinem lebendigen Zusammenhang herausreißt.

Natürlich müssen die wildesten Methoden, die der Talmud verwendet, einigermaßen gemildert und nichtjüdischen Denkgebräuchen angeglichen werden, wo die Juden in engere Berührung mit dem Kulturgut anderer Völker kommen. Trotzdem bleibt der Kern des talmudischen Denkens, der in jenem eigentümlichen Absehen von konkretem Sinn, von der Wirklichkeit besteht, auch dort der gleiche, wo der Jude gelernt hat, sich der logischen, der mathematischen, der wissenschaftlichen Methoden, wie sie von den Ariern ausgebildet wurden, virtuos zu bedienen.

Derjenige Jude, der die Erbschaft Cohens in Deutschland antrat und, als der Stern der Neukantianer zu sinken begann, eine neue Parole in die deutsche Philosophie hineinwarf, Edmund Husserl, der Schöpfer der Phänomenologie, kann uns hierfür als typisches Beispiel dienen. Die neue Parole heißt hier: zu den Sachen selbst! Kein schlechter Gedanke, besonders wenn der philosophierfreudige Mensch von dem endlosen Geschwätz der neukantianischen Erkenntnistheorie Cohens herkommt. Wie aber stellt sich der Jude Husserl dieses Vordringen zu den Sachen selbst vor? Man höre und staune: Er klammert zu diesem Zweck, wie er sagt, die Wirklichkeit ein, d. h. er sieht von der Wirklichkeit ab. Das ist ein ausgesprochen talmudischer Ansatz. Zur wahren Wesensschau gelangt man nach ihm, wenn man sich um die Wirklichkeit nicht kümmert.

Auch der ganze Husserl besteht übrigens in einer bezeichnenden Umfälschung Platons. Platon richtet wie jeder Philosoph, und das heißt gleichzeitig wie jeder arische Philosoph, sein ganzes Bemühen auf eine Erfassung der Wirklichkeit, die er nun in einem tieferen metaphysischen Sinn in dem zu entdecken glaubt, was er Ideen nennt. Mögen wir die Wirklichkeit der Ideen heute auch nicht mehr im platonischen Sinne anerkennen können, das hindert nicht, daß Platon gegen Husserl auch heute noch tausendmal recht hat. Husserl löst die platonische Ideenlehre in einem reinen Formalismus auf. Er macht sie, worauf er natürlich stolz ist, metaphysikfrei, „wissenschaftlich“ im jüdischen Sinn des Wortes. Das Reich der Denkgegenstände, auf die sich nach Husserl das Denken richtet, gleichviel ob es sich um Wirkliches oder Abstraktes oder Mathematisches handelt, hat etwas Gespensterhaftes, gerade weil er von der Wirklichkeit absieht, gerade weil er unplatonisch die Unterscheidung zwischen realem und ideellem Sinn rein formal nimmt. Das Sein dieser Denkgegenstände in ihrer starren Gegebenheit, der sich das Denken einfach hinnehmend zu fügen hat, ohne daß es im platonischen Sinne von einer metaphysischen Sonne bestrahlt würde, dieses dem Empfinden unserer Rasse nicht greifbare Sein kann uns nur im Bild der präexistenten Thora deutbar werden. So setzt Husserl gleichsam die Thora an die Stelle der platonischen Ideenwelt, während Cohen, wie wir sahen, den philosophischen Staatsmann Platons in den jüdischen Propheten umzeichnet.

Mögen sich jüdische Neukantianer und jüdische Phänomenologen auch untereinander aufs heftigste bekämpfen – in ihrem jüdischen Charakter bilden sie eine Einheit. Beide fälschen Platons Lehre um. Beide stehen auch in einem ähnlichen Verhältnis zu Kant, sofern sie nämlich beide jene kantische Grunderkenntnis mißachten, von der ich vorhin sprach. Anschauung und aktiv formendes Denken gehören nach Kant unlösbar zusammen. Cohen streicht, wie wir sahen, den Faktor der Anschauung: was übrig bleibt, ist eine talmudische Form des Denkens. Husserl verfährt polar entgegengesetzt. Er beseitigt die Aktivität des Denkens und verzerrt dadurch das Schauen zum passiven Kenntnisnehmen einer thoraähnlichen starren Welt von Gegenständen.

Man könnte hier einwenden, die Theorie dieser starren Denkgegenstände sei ja wesentlich von dem katholischen Denker Bolzano und dessen Lehre von den sogenannten „Sätzen an sich“ beeinflußt worden, zum mindesten eng damit verwandt: Bolzano aber sein kein Jude gewesen. Damit berühren wir einen wichtigen geistesgeschichtlichen Zusammenhang, der noch seiner restlosen Aufklärung harrt. Eine überaus merkwürdige Tatsache, die zunächst unerklärlich scheint, liegt nämlich in der engen Verbindung der Husserlschen Phänomenologie mit gewissen Richtungen der katholischen Neuscholastik. Das Bindeglied bildet vor allem der Halbjude Max Scheler. Diese Beziehungen zwischen jüdischer und scholastischer Geisteshaltung gehen ohne Zweifel tiefer, als man auf den ersten Blick glauben möchte. Sie betreffen das Wesen der Scholastik selbst. Und zwar sind es weniger die jüdischen Einflüsse, die im Mittelalter zu jener Zeit mit einströmten, als die Araber der christlichen Scholastik neues Erbgut der Antike übermittelten; weit eher müßte man gewisse talmudische Züge annehmen, die der Scholastik von Anfang an anhafteten. Und in der Tat – nur ein Befangener könnte sie übersehen! Sie liegen in der Bindung der philosophischen Forschung an eine textlich gegebene Offenbarung. Sie liegen weiterhin in den Methoden, mit denen man philosophische Behauptungen durch Berufung auf Autoritäten und Interpretation von Schriftstellen zu unterstützen suchte. Und wirklich hat ja auch Philo, der Jude, nicht bloß einen großen Einfluß auf die Bildung der christlichen Dogmatik ausgeübt, er hat der christlichen Theologie auch die Methode der sog. allegorischen Bibelinterpretation geliefert, die für ihn ein Mittel war, das hellenistische Gedankengut in seine jüdische Welt einzugliedern.

Manche werden hier behaupten, man könne ebensogut sagen, der Hellenismus habe den Juden Philo beeinflußt und umgewandelt und eine Berührung zwischen zwei verschiedenen Kulturkreisen in diesem Sinne sei doch nichts so Auffälliges oder gar Schlimmes. Diese Betrachtung übersieht das Eigentümliche des jüdischen Wesens vollkommen, woraus dann weiter der Irrtum entsteht, als würde sich der bessere Teil des Judentums sozusagen aus den talmudischen Umstrickungen freimachen und zu einem Sein entwickeln, das mit dem Talmud, der hier gewissermaßen als eine Sackgasse der jüdischen Entwicklung erscheint, nichts mehr zu tun habe.

Bei solchen Streitfragen ist es immer das beste, die Juden selbst zu Rate zu ziehen. Hören Sie also, was der schon mehrfach erwähnte Historiker Heinrich Graetz, dessen „Konstruktion der jüdischen Geschichte“ ein jüdischer Verlag eben neu herausgegeben hat, zu diesem Thema zu sagen weiß:

„Der Talmudismus“ – läßt sich diese jüdische Autorität ersten Ranges vernehmen – „ist nicht als etwas Fremdes, dem Judentum gewaltsam Aufgezwungenes, ist nicht als ein Auswuchs des jüdischen Geschichtslebens, eine Trübung des jüdischen Geistes anzusehen, sondern ist eine folgerichtige Konsequenz aus der Prämisse der judentümlichen Grundidee. Er bildet den Gegensatz des freien sittlichen Geistes gegen die unsittliche Gebundenheit der Natürlichkeit. Der Talmudismus ist demnach das wirksamste Gegengewicht zu dem notwendig gewordenen Allerweltsleben des Judentums. Das eine ist das schaffende, das andere das erhaltende Prinzip.“

Wir haben hier eines der wertvollsten jüdischen Selbstzeugnisse vor uns. Das Allerweltsleben, das heißt also die Diaspora, mit ihrem grundsätzlichen Verzicht auf Staatenbildung, dieses Allerweltslebens einerseits und der Talmudismus andererseits als die beiden zusammengehörigen Grundprinzipien des Judentums: ein richtigerer Ansatz für die Erkenntnis jüdischen Wesens läßt sich schwer denken. Daß der Talmudismus das erhaltende Prinzip sei, ist auch vollkommen einleuchtend. Mit Recht sagt Graetz: „Die talmudischen Umzäunungen machen in der Welt aus jedem jüdischen Haus ein scharf umgrenztes Palästina.“ Daß Graetz allerdings das andere Prinzip, das Allerweltsleben, als das schaffende bezeichnet, ist eine überaus eigentümliche Ausdrucksweise. In nichtjüdischer Terminologie bezeichnet man im allgemeinen das Bestreben nach Angleichung an Fremdes nicht als etwas Schöpferisches. Aber vielleicht hat Graetz mit dem Schaffen die Ausbeutung des Fremden gemeint.

Wenn wir die Sache genau betrachten, so ist das einander bedingende Wechselspiel jener beiden Prinzipien, von denen Graetz spricht, im Keime bereits in der talmudischen Methode selbst, die wir kennen lernten, enthalten. Die faktischen Übertretungen sind ja einerseits schon Angleichungen an die fremde Sitte und andererseits – sagen wir es offen – Hebel zur Ausbeutung der Fremden und zum hemmungslosen Ausleben der Triebe. Dieser Ausweitung folgt aber sofort der Rückgang in jenes sogenannte erhaltende Prinzip, das die Übertretung durch den Beweis zunichte macht, daß ja das Gesetz formal eingehalten worden ist. (Wobei das Wort formal übrigens jeweils arische Zutat ist; rein jüdisch müßte es heißen: das Gesetz ist schlechthin erfüllt, und damit fertig!)

Diese Gesetzestreue im ausgesprochen talmudischen Sinne ist für Graetz der freie sittliche Geist, der sich gegen die unsittliche Gebundenheit der Natürlichkeit wendet, wie wir hörten. Geist im Gegensatz zur unsittlichen Gebundenheit der Natürlichkeit! Dieses jüdische Selbstzeugnis beweist, daß der Jude ewig unfähig sein wird, sowohl das tiefste Wesen des Geistes wie des Blutes zu erfassen. Geist und Blut gehören für uns untrennbar zusammen. Was daraus wird, wenn diese Verbundenheit sich löst, dafür ist uns eben das Judentum der fürchterlichste Anschauungsunterricht. Geist ohne Blut, das ist jener von Graetz gepriesene freie Geist, der von jeder Wirklichkeit ferne und in sich erstarrte Geist der Thora und des Talmuds. Und Blut ohne Geist umgekehrt ist jene schrankenlose, von keinem Gesetz gezügelte jüdische Triebhaftigkeit, die schließlich in Ausbeuterei und Verbrechertum mündet.

Nirgends sehen wir diese beiden Faktoren so kraß und deutlich beieinander wie im jüdischen Bolschewismus, im heutigen Rußland. Auf der einen Seite das Verbrechertum, auf der anderen Seite eine geistige Verfassung, die auf ein Haar der jüdisch­talmudischen Rabulistik gleicht. In seinem Buch „Das rote Rußland“ schreibt der gewiß unverdächtige Theodor Seibert, der jeden ursächlichen Zusammenhang zwischen Judentum und Bolschewismus leugnet, folgendes: „Wenn man die wändefüllenden Berichtsbände der verschiedenen Kongresse und Zentralkomitee­Sitzungen durchblättert, hat man nicht etwa den Eindruck, die Geschichte der regierenden Partei eines der größten Länder der Erde zu lesen, sondern die Protokolle eines Kongresses von Schriftgelehrten, die Protokolle eines Pharisäer­Konzils. Das wimmelt nur so von Zitaten aus dem 5., 11., 27. Band, Absatz 5, Satz 3 von Lenins Werken. Das donnert von Bannflüchen über Sünder, die einen solchen Satz anders auszulegen wagten, als es der 15. Parteikongreß, Resolution 43 getan hat usw.“

Freilich, wenn die lebendige Einheit von Geist und Blut, die uns der Nationalsozialismus wieder geschenkt hat, zerfällt, so hat das an sich noch nichts mit Judentum zu tun. Wir finden einen solchen Zerfall z. B. schon in der Antike, bevor die Juden in jene Welt eintreten. Es laufen dann die beiden polar entgegengesetzten Zerfallsrichtungen Geist ohne Blut und Blut ohne Geist selbständig und zunächst unverbunden nebeneinander her. Das jüdische Wesen besteht nun darin, diese beiden Pole des Zerfalls miteinander in Beziehung zu setzen. Wenn der blutlose Geist die keiner geistig geformten Blutwelt mehr angehörenden Triebe sozusagen organisiert, dann haben wir das, was die Atmosphäre des Talmud ausmacht. Die nicht mehr durch den wahren Geist in einer Gemeinschaft des Blutes harmonisch geordneten Triebe können hier an sich tun, was sie wollen, aber sie sind gleichzeitig durch ein pseudogeistiges, rein formales Gesetz gebunden. Das führt zu der Doppellage, daß das Gesetz gleichzeitig jederzeit übertreten werden kann und doch gehalten wird. Wären die Triebe nicht durch dieses Gesetz des blutlosen Geistes in einer höchst eigentümlichen Weise formal gebunden, so würde dies zum Untergang führen. Wären sie andererseits nicht vorhanden, so würde die trostlose Starrheit des Gesetzes, also des blutlosen Geistes jedes Leben ersticken. Vielleicht meint Gesetz die Vitalität dieser Triebe, die sich vor allem im Verhältnis zu den Gastvölkern auswirkt, mit seinem schaffenden Prinzip, das in der Diaspora liege. Es ist also das Geheimnis des Judentums, daß es zwei Entartungen, die einzeln unweigerlich zum Untergang führen, zu einer Synthese vereinigt, deren Dauerhaftigkeit in der Geschichte einzig dasteht. Es ist zugleich das Geheimnis der talmudischen Seelenverfassung, das Geheimnis des schweifenden Ewigen Juden.

Auch der nordische Arier, auch der Germane wandert durch die Welt, es zieht ihn in die Ferne, er erschaut staunend fremde Welten und nun ist es für ihn eine Lebensfrage: bleibt er sich selber treu oder wird er seinem Wesen untreu? Bleibt er sich treu, so gestaltet er das, was er aufgenommen hat, aus dem Mittelpunkt seines Wesens heraus zu einem Neuen um, er drückt den Stempel seiner Art der fremden Welt auf, er schafft Staaten und gründet gewaltige Reiche; oft erliegt er der Übermacht. Ganz untergehen kann er aber nur, wenn er sich selber untreu wird. Darum gilt für ihn als oberstes Gesetz das Shakespearesche Wort: „Dies über alles: sei dir selber treu!“

So sind wir stark, wenn wir uns selbst treu bleiben.
So gehen wir unter, wenn wir uns untreu werden.
Der Jude aber wird sich untreu, indem er sich treu bleibt und bleibt sich treu, indem er sich untreu wird.
Er übertritt das Gesetz, indem er es erfüllt und er erfüllt das Gesetz, indem er es übertritt – wahrhaftig eine uns ewig unfaßbare Wesensart!

Jetzt erst begreifen wir, welch ungeheures Ausleseprinzip der Talmud darstellt. Wer auf ihn positiv reagiert, der ist Jude oder rettungslos verjudet. Und gleichzeitig wird uns nun auch das Verhältnis zwischen gläubigen und liberalen Juden mit einem Schlage klar. So wie der gläubige Talmud­Jude dem Gesetz fortwährend untreu wird und ihm doch treu bleibt, so kann der Jude auch dem ganzen Talmud untreu werden und doch ihm im Innersten treu bleiben. Diese Haltung des liberalen Juden ist im eigentlichen Sinne talmudisch. Um sie ihm auszutreiben, müßte man, mit Fichte zu reden, ihm den Kopf abschlagen und einen neuen nichtjüdischen aufsetzen. Denken Sie an den philosophisch so emanzipierten Juden Cohen zurück. Er ist liberaler Jude und Prophetengestalt in einem. Und gerade in dieser für uns paradoxen Verbindung erweist er sich als echter Talmud­Jude, denn auch der Talmud­Jude im engeren Sinn ist ja schon in dem Augenblick gewissermaßen ein liberaler, als er das Gesetz übertritt, etwa um sich den Sitten seines Gastvolkes nutzbringend anzupassen. Im selben Atem ist er aber gesetzestreu, denn er hat auf Grund der talmudischen Methoden das Gesetz trotzdem erfüllt. Wenn wir diese Urbeziehung zwischen Gesetzestreue und Liberalität durchschaut haben, so werden wir nicht mehr daran zweifeln, daß auch der liberalste Jude noch im vollen Umfange dieser Beziehung unterliegt, auch der, der dem Judentum abgeschworen hat, ja, ihm feindlich gegenübersteht.

Das welthistorische Beispiel hierfür auf dem Gebiet der Philosophie bietet der Jude Baruch de Spinoza. Er wurde von der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen. Daraufhin wollte er – der, man vergesse das nie, Schüler eines berühmten Talmudlehrers gewesen war – nichts mehr vom Judentum wissen und hat es in harten Worten gegeißelt. Aber gerade darin erwies er sich als ein genialer Jude, daß er instinktiv erkannte, daß man im 17. Jahrhundert die jüdische Art nicht mehr mit dem lächerlichen Gebaren der Amsterdamer Rabbinerschaft durchsetzen könne, und so beglückte er das europäische Denken mit einem jüdischen Kuckucksei, das in der Tat in seiner historischen Entfaltung für die Wirtsvölker gefährlicher wurde, als es jene Rabbiner in ihren kühnsten messianischen Träumen sich hätten ausmalen können. Was jene noch nicht einsahen, was auch der eigensinnige Cohen nicht begreifen wollte – heute dankt es ihm die ganze Judenschaft.

Anfang 1933 kam in einem deutschen Verlag eine Spinoza­Festschrift heraus, die jeder in die Hand nehmen sollte, der noch irgendwelchen Zweifel an dem jüdischen Charakter des Spinozismus hat. Unter 22 Verfassern, die Beiträge lieferten, befinden sich hoch gegriffen vier bis fünf Nichtjuden, darunter der Ehren­Bolschewist Romain Rolland.

„Gleich wie von den Brüdern in Christo eine Nachfolge Christi anerkannt wird, ebenso wollen wir Brüder in Spinoza deiner (Spinozas) Erkenntnis und Liebe Gefolgschaft leisten!“ ruft der herausgebende Jude Siegfried Hessing in seiner grotesk­geschmacklosen Lobrede auf Spinoza aus.

Der berüchtigte Jude Jakob Klatzkin macht sich ganz offen darüber lustig, daß die dummen Christen in Spinozas Lebensführung ein Vorbild an Genügsamkeit und Askese sehen. Er belehrt uns demgegenüber, daß es lediglich in den Sitten und Bräuchen des Judentums, aus dem Spinoza herauswuchs, seine selbstverständliche Wurzel habe, wenn er z. B. einmal einen ganzen Tag lang nur Milchsuppe mit Butter zu sich nahm und Ähnliches. Daß es also ganz fehl am Platze sei, wenn die Nichtjuden derartige Beispiele, die in Wirklichkeit nichts Besonderes auf sich hätten, zur Verherrlichung von Spinozas Lebensführung (im christlichen Sinn, wie er spottet) benützen.

Die größte Offenbarung, die uns das Buch zu bieten hat, ist aber ohne Zweifel der Aufsatz des Juden Josef Klausner über den jüdischen Charakter der Lehre Spinozas. Neben dem nachdrücklichen Hinweis darauf, daß Spinoza viel stärker als von Descartes und G. Bruno von den jüdischen Philosophen des Mittelalters beeinflußt worden sei, finden wir als Zentralgedanken folgende Argumentation:

Als Grundbestandteile von Spinozas Lehre werden folgende Faktoren angesetzt:

„Gott oder die Natur“, das sei eigentlich „Atheismus“, meint Klausner, und fährt dann fort:
„Und die Seele des Menschen ist bloß die Idee seines Körpers.“ Das sei „Materialismus“.
„Es gibt keinen Zweck in der Natur und keinen Zweck beim Menschen“, das sei „Mechanismus“.
„Es gibt keinen freien Willen“, das sei „Determinismus“.
„Es gibt kein Gut und Böse“, das sei „Utilitarismus“.
„Recht ist nichts als Kraft“, das sei „Machiavellismus“.

Jetzt kommt für uns die kaum glaubliche Offenbarung der jüdischen Seele, von der ich eben sprach. Denn Klausner fährt nun, nachdem er solchermaßen die Bausteine von Spinozas Lehre bestimmt hat, ganz verzückt wörtlich fort:

„Und wie wunderbar ist es, daß all diese mangelhaften Elemente am Ende ihrer Entfaltung gerade das Gegenteil hervorbringen, eine ideale und positive Weltanschauung, die nicht ihresgleichen in der Welt hat.“

Ist es uns bei diesen Worten nicht, als sähen wir den kleinen Juden seinen Topf auf dem Handrücken zur Tür hinaustragen? Er lacht uns spöttisch und vergnügt an. Wer nicht genau hinschaute, könnte ja meinen, daß er gesündigt hätte. Aber er hat den Topf glücklich herausgebracht und doch das Gesetz nicht übertreten. Spinoza ist Atheist, Materialist, Mechanist, Determinist, Utilitarist und Machiavellist und trotzdem hat er das Gesetz erfüllt, die erhabenste religiöse Weltanschauung und geschenkt, die es gibt.

Was der Kern dieser Weltanschauung ist, darüber werden wir in jener Festschrift dann noch von vielen Seiten eingehend belehrt. „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bleiben unnahbare Ideale, solange nicht zu ihrer Verwirklichung im Sinne Spinozas geschritten wird“, schreibt der jüdische Herausgeber, und Ignacy Myslicki aus Warschau, vormals der Ostjude Halpern, ergänzt dies durch die Feststellung, daß „die ganze Lehre Spinozas auf die Bildung der Idee des Menschen als des Musterbildes der menschlichen Natur gerichtet ist“. Die Idee des Menschen, das war ja auch das Ziel des Juden Cohen, und so enthüllt sich uns die Meinungsverschiedenheit zwischen diesem und Spinoza schließlich nur als der Streit zweier Rabbis von der Art, wie der ganze Talmud voll davon ist. Im Grunde sind sie sich doch alle einig. Hören wir Maimonides, den mittelalterlichen Judenphilosophen. „Jeder Mensch“, sagt er, „kann ein Gerechter werden wie Mosche, unser Lehrer, oder ein Frevler wie Jerobam. Er kann werden weise oder beschränkt, barmherzig oder grausam, geizig oder vornehm. Und so ist es mit all den Eigenschaften.“ Das ist wiederum die „Idee des Menschen“, wir sagen dazu eine Idee desjenigen Menschen, der für den Talmud reif geworden ist. Die talmudisierte Menschheit, das ist die Form, in der die Juden ihre Gastvölker zu sehen wünschen. Die Form, die ihren messianischen Hoffnungen Wirklichkeit verleihen soll.

Bei Maimonides taucht denn auch zum erstenmal der Gedanke einer reinen Vernunftreligion auf. Wir wundern uns jetzt nicht mehr, daß ihn das in keiner Weise hindert, gleichzeitig glühender Anhänger der Thora zu sein. Das Thora­Studium ist für ihn überhaupt das Höchste, was es gibt. Zuerst zwar muß man den kleinen Thora­Schüler durch Nüsse und Feigen zum Lernen bewegen, dann durch das Versprechen, daß er schöne Schuhe bekomme, dann durch einen Denar „oder zwei“, später durch die Vorstellung, daß er ein geehrter Rabbi werde, endlich aber gelangt er zum höchsten Lebensziel: nämlich die Thora um ihrer selbst willen zu studieren. Was das heißt, davon können Sie sich nun vielleicht eine kleine Vorstellung machen, wenn Sie sich an das über den Talmud Gesagte erinnern. Immerhin, es entsteht auf diese Art der jüdische Weise, den Maimonides feierlich also kennzeichnet: „Wie der Weise an seiner Weisheit und an seinem Charakter zu erkennen ist und sich dadurch vom übrigen Volke unterscheidet, also muß er auch in seinen Handlungen zu erkennen sein, in seinem Essen und Trinken, in seinem Eheleben, in der Verrichtung seiner Notdurft, in Sprache, Gang und Kleidung.“

Doch wir wollen nicht kleinlich sein. Gibt es nicht auch noch wirklich erhabenere Dinge in der jüdischen Philosophie? Gibt es nicht eine jüdische Mystik? Ist nicht Spinoza im Grunde ein solcher Mystiker?

Diese Fragen eingehend zu erörtern, würde hier viel zu weit führen, ich will Sie nur noch auf eine Einzelheit aufmerksam machen, die sinnbildlich für das Ganze stehen möge. Für Spinoza ist die Freude der Übergang zu größerer Vollkommenheit, also Gottähnlichkeit. Betrübnis aber grundsätzlich das Gegenteil. Und wie sehr er das Gefühl intellektualisiert, das geht aus seiner Lehre hervor, man müsse eine Sache nur verstehen, um ihr gegenüber als etwas selbst Gebilligtem und selbst Gewolltem frei zu sein. Gerade hierin offenbart sich eine typisch jüdische Seelenhaltung. Eine Haltung, die das Leid mit Hilfe der Kühle eines vom Gemüt abgelösten Intellekts von sich schiebt.

Welch andere Welt leuchtet uns aus dem Spruch Meister Eckharts, eines wirklichen Mystikers, entgegen, daß das Leid das schnellste Roß sei, das zur Vollkommenheit führt. Wie anders klingen die Worte des Führers von seinen drei Freunden: Not, Leid und Sorge! Es ist also ein anderes, ob wir auf solchem Hintergrund das Wort Freude emporsteigen sehen oder ob es Spinoza in den Mund nimmt.

Deshalb dürfen wir auch nicht gleich an das, was wir Freude nennen, denken, wenn wir hören, daß eine jüdische Nebenrichtung mystischer Natur, der sog. Chassidismus, diesen Begriff, den Begriff der Freude, in den Mittelpunkt seiner Lehre stellt. Und wir sind damit um so vorsichtiger, wenn wir hören, daß Isaak Lurja und Baal Schem, welch letzterer den Chassidismus im 17. Jahrhundert begründete, ihre tiefsten Geheimnisse dem Sohar verdanken wollen, dessen Lektüre im chassidischen Judentum Pflicht ist. Sohar, so heißt das Hauptbuch der sog. Kabbala, die eine vollkommen talmudisierte neuplatonische Mystik darstellt. Aus der Kabbala also wächst der Chassidismus heraus und dieser wiederum bildet nach jüdischem Zeugnis die innere Haltung, in der der französische Jude Bergson mit seiner Lebensphilosophie wurzelt.

Aber gleichviel,
ob mystizistische Kabbala, Chassidismus oder Talmud,
ob thoragläubig oder liberal,
ob Philo, Maimonides oder Spinoza,
ob Cohen oder Husserl oder Bergson,
ob Marx, Siegmund Freud oder Albert Einstein, es gibt nur eine einzige jüdische Philosophie.

Der große Tondichter Franz Liszt hat in seiner Faustsymphonie den genialen Gedanken gehabt, das Wesen Fausts durch eine Anzahl von plastischen Themen zu schildern, das Wesen des Mephistopheles aber dadurch auszudrücken, daß dieser, unfähig zu einem eigenen Thema, sich darin erschöpft, die Themen Fausts nach einer bestimmten Richtung hin zu Dissonanzen zu verzerren. So hat auch die jüdische Philosophie kein einziges Thema, aber sie hat alle Themen der großen arischen Philosophen talmudisiert und darin eben besteht das eigentümliche Wesen ihres substanzlosen Daseins.

Es ist nun die Zeit Moses Mendelsohns, von dem Graetz so schön sagt, er habe als Geschäftsführer einer Seidenhandlung die Philosophie „in die Wohnungen der Menschen eingeführt, sie beweglich und genußreich gemacht“ – es ist die Zeit Moses Mendelsohns, da beginnen sich die Dissonanzen in der gewaltigen Symphonie deutschen Denkens zu mehren. Sie wachsen und wachsen, bis am Ende des 19. Jahrhunderts die Mißklänge alles überfluten und aus dem Faustsatz ein Mephistophelessatz geworden ist. Die Juden sind jetzt nicht nur zahlenmäßig in kaum glaublichen Mengen in die deutsche Philosophie eingebrochen – Sie werden mir hier die Aufzählung von mehr als 200 Namen, die ich Ihnen nennen könnte, ersparen –, nein, sie haben jetzt auch alle Themen, die es überhaupt gibt, endgültig in der Hand. Sie haben in jeder Richtung und in jedem Teilgebiet die Schlüsselstellungen besetzt. Und die Kakophonie wird nun so ohrenbetäubend, daß auch die meisten der Deutschblütigen mitzumusizieren beginnen.

Heute haben wir den Juden ihre Instrumente aus der Hand genommen. Aber ihre Dissonanzen schweben noch in der Luft, und es gibt noch immer Leute, die nach diesen Weisen weitermusizieren möchten. Ihnen gilt unsere unbarmherzige Kampfansage. Denn wir wollen wieder die ursprünglichen wohlgestalteten Themen, die enttalmudisierten Themen unserer Philosophie hören.

Aber wir wollen noch mehr, wir wollen die alten Themen in einem neuen gipfeln lassen, das so erhaben sein wird, daß Mephistopheles seine Hand davon lassen muß.

Wenn Platon seinen Philo gehabt hat,

Aristoteles seinen Maimonides,
Descartes und Giordano Bruno ihren Spinoza,
Newton seinen Einstein,
Kant seinen Cohen,
Hegel seinen Marx,
Nietzsche seinen Siegmund Freud,

so wird unsere nationalsozialistische Philosophie so klar und ungetrübt das Wesen unserer Rasse spiegeln, daß kein Jude mehr sich daran zu vergreifen vermag.


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